Verkaufsoffene Sonntage Verdi will unter Umständen klagen

In wenigen Tagen soll eine Beschlussvorlage kommen. Die Gewerkschaft sitzt nicht mit am runden Tisch.

Solingen: Tauziehen um verkaufsoffene Sonntage
Foto: Christian Beier

Auf Initiative von Stadt und Einzelhändlern sollen 2018 in Mitte zwei weitere verkaufsoffene Sonntage stattfinden: Am 28. Oktober zum Brückenfest und am 16. Dezember zum Weihnachtsmarkt. In einer „erweiterten Anhörung“ hat sich die Gewerkschaft Verdi gegen diese Pläne ausgesprochen. Mögliche Klagen werde man prüfen, sobald der Rat einen Beschluss gefasst habe. Geplant ist das für den 27. September, zwei Tage zuvor berät der Hauptausschuss.


Welche verkaufsoffenen Sonntage sind bislang geplant? Am 1. Februar hat der Rat acht verkaufsoffene Sonntage für 2018 beschlossen. Davon stehen noch aus: Brückenfest am 28. Oktober, allerdings beschränkt auf den Stadtteil Ohligs, Weihnachtsdürpel am 9. Dezember (ebenfalls Ohligs) und am selben Tag zum Weihnachtsdorf in Wald. Die Gewerkschaft Verdi ist bislang gegen diese Pläne nicht juristisch vorgegangen.


Welche Argumente bringt die Stadt für die neuen Termine vor?
Im Frühjahr hatten Verwaltung und Politik die beiden Termine noch abgelehnt, weil nicht zu erwarten war, dass sie vor Gericht Bestand haben. Nach Ansicht der Stadt gibt es aber eine neue Rechtslage: So habe die Landesregierung die Möglichkeit geschaffen, verkaufsoffene Sonntage zur Stärkung des Einzelhandels oder zur Belebung der Innenstädte durchzuführen. Darauf könnten sich die neuen Pläne berufen – eine Beschlussfassung liegt aber noch nicht vor.


Und was sagt Verdi?
Die Gewerkschaft ist anderer Ansicht: „Diese Pläne können wir so nicht tolerieren“, erklärte Verdi-Gewerkschaftssekretärin Ina Oberländer. Sie beruft sich dabei auf ein Gerichtsurteil des Bundesverwaltungsgerichts aus 2017. Die prägende Wirkung einer Veranstaltung, etwa des Brückenfestes, müsse überdies erhalten bleiben. Das sieht Verdi für den verkaufsoffenen Sonntag in Ohligs zwar gegeben, nicht aber für Mitte.


Bedroht der Antrag aus Mitte den verkaufsoffenen Sonntag in Ohligs zum Brückenfest?
Darauf könnte es hinauslaufen. Im Moment ist das zwar noch Spekulation. Verdi-Gewerkschaftssekretärin Ina Oberländer hat allerdings angekündigt, dass man sich die beiden geplanten Öffnungen in Ohligs und Mitte gemeinsam anschauen müsse, sofern der Rat die Öffnung auch in Mitte beschließt. Wie dann Gerichte entscheiden, sofern es zur Klage kommt, ist nicht abzusehen.


Was spricht aus Verdi-Sicht gegen den Termin am 16. Dezember in Mitte?
Auch hier sieht die Gewerkschaft keinen prägenden Charakter des Weihnachtsmarktes, der eine Sonntagsöffnung rechtfertigt. Bei diesem Termin stört sich die Gewerkschaft vor allem an der Verkaufsfläche, die geöffnet werden soll – denn die wäre größer als der Markt selbst. „Insbesondere die Erstreckung des Geltungsbereichs der ordnungsbehördlichen Verordnung bis hin zum Einkaufszentrum Hofgarten mit einer Verkaufsfläche von allein 29.000 Quadratmetern kann nicht nachvollzogen werden“, heißt es in der Verdi-Stellungnahme.


Kommt eine eingeschränkte Öffnung für Mitte infrage?
Ein Blick in die Nachbarstadt Remscheid zeigt, dass dies durchaus eine denkbare Option für ein Gericht ist, sollte es zu einem Verfahren kommen. Zur Motorshow Ende Mai hatte das Oberverwaltungsgericht Münster den Geschäften an der Alleestraße zwar eine Öffnung erlaubt, das Allee-Center aber ausgeschlossen. Es könnte also zu einem Einkaufssonntag ohne Hofgarten kommen. Im Dezember 2016 fand auch in Solingen schon einmal ein verkaufsoffener Sonntag mit Einschränkungen statt. Damals durften Geschäfte an der Konrad-Adenauer-Straße nicht öffnen. Davon war zum Beispiel Expert Schultes betroffen.

Wie geht es weiter? Die Stadt äußerte sich gestern nur schriftlich. „Nach einem runden Tisch zu Beginn des Jahres musste in einem Bezirk noch nachgebessert werden, jeweils mit allen gesetzlich vorgeschriebenen Beteiligungen. Am Montag findet nun noch eine freiwillige Zusammenkunft statt. Wegen terminlicher Überschneidungen hat sich Verdi mit Bedauern entschuldigt.“


Was sagt Verdi zum runden Tisch?
Verdi will die Abwesenheit nicht als Verweigerung verstanden wissen. Es habe leider keinen Versuch der Stadt gegeben, mit der Gewerkschaft einen Gesprächstermin abzustimmen. Stattdessen sei man nur zehn Tage vorher schriftlich eingeladen worden. „Wir sind gesprächsbereit, wir möchten mit Handel und Stadt reden und unsere Kritikpunkte vorbringen. Aber bei der Terminierung hätten wir uns mehr Kooperation gewünscht“, erklärte Ina Oberländer. Von Verdi werde erwartet, das Gespräch zu suchen. Das gelte dann ja wohl auch umgekehrt.


Wie geht es weiter?
Sollte der Rat die beiden Termine beschließen, wird Verdi diesen Beschluss prüfen. Oberländer: „Wenn die Beschlüsse des Rates da sind, werden wir abwägen, ob wir eine Chance auf einen Klage-Erfolg sehen.“ Die Gewerkschaft werde dann zuvor Oberbürgermeister Tim Kurzbach informieren – um vielleicht noch eine Lösung jenseits des Klagewegs zu erreichen, hieß es gestern.

(Boll)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort