Ensemble Profan Scharfsinnige Vorlage, temporeiche Komödie

Das Ensemble Profan überzeugt mit Eugène Labiches Boulevard-Stück „Die Affäre Rue de Lourcine“.

Wenn es um Lebensweisheiten geht, wird ja gerne mal der alte Orient zitiert. Dabei ist es egal, ob es sich um die Märchen aus 1001 Nacht handelt oder die Flunkergeschichten von Karl May. Tatsache ist allerdings, dass der Alt-Orientalist Heinrich Zimmern im 19. Jahrhundert eine 3000 Jahre alte Keilschrift aus Ninive übersetzte. Der Kernsatz lautet: „Schaust du hin, sind die Menschen insgesamt blöde.“

Dem ist auch nach 3000 Jahren nichts hinzuzufügen. Der Mensch ist und bleibt halt so. Und deshalb gibt es auch einiges zu lachen über ihn und sein Treiben. Etwa in der Komödie „Die Affäre Rue de Lourcine“ des ebenso scharfsinnigen wie geistreichen Eugène Labiche. Dass dieses Boulevard-Stück alles andere als angestaubt ist, zeigte das Ensemble Profan mit der Solinger Eigeninszenierung unter der Regie von Michael Tesch. Mit der Komödie, die am Mittwoch Premiere hatte, wurde im Theater und Konzerthaus die neue Saison eröffnet. In temporeichen 80 Minuten fesselten die bestens aufgelegten Schauspieler in einer witzigen Inszenierung ihr Publikum, das anschließend nicht mit Applaus geizte.

Die Geschichte ist auch einfach zu grotesk – und doch zu wahr. Labiche nimmt hier ziemlich gnadenlos das Spießbürgertum mit seiner Scheinheiligkeit aufs Korn. Lenglumé und sein Schulkamerad Mistingue wachen nach durchzechter Nacht ausgesprochen erinnerungslos in Lenglumés Wohnung auf. Als zum Katerfrühstück auch noch eine Zeitung serviert wird, vergeht den beiden rasch der Appetit.

Da ist von einem brutalen Mord an einer jungen Kohlenschlepperin die Rede – und alles weist auf die beiden Freunde als Täter hin. In nun sich ständig steigernden Absurditäten versuchen die beiden vermeintlichen Verbrecher, ihre Spießerwesten wieder weiß zu bekommen. Denn der gute Schein ist ja alles. Schließlich wollen sich die beiden gegenseitig umbringen, um mit diesem finalen Akt den letzten Zeugen der Untat zu beseitigen. Um des guten Rufes willen, sind beide bereit, über Leichen zu gehen.

Als Lenglumé glänzt Allroundwaffe Uwe Dahlhaus. Und mit Alexander Riedel hat er in der Rolle des Mistingue den idealen Komödien-Partner. Das Stück ist alleine deshalb schon sehenswert, weil die beiden sich mit wunderbarer Leichtigkeit die Bälle zuspielen, die die Handlung vorantreiben.

Mit Renate Kemperdick als Hausmädchen Justine kommt eine weitere Facette der Komik auf die Bühne: Sie hat zwar den gesunden Abstand zu den Herrschaften, gehört aber doch mit hinein in die Spießerwelt. Alleine schon ihre Körpersprache trifft ins Schwarze. Mira Gottfried als wichtigtuerische Gluckengattin und Karl-Josef Überall als schwitzender Schnorrer Potard machen das infernalische Quintett komplett.

In einer durchaus stilisierten Gegenwart angesiedelt, überraschen Regisseur und Schauspieler mit der verblüffenden Aktualität von Labiches Werk. Die dezente Begleitmusik und die eingängigen Lieder, die Mutz für diese Aufführung geschrieben hat, unterstreichen ideal die Leichtfüßigkeit des Stücks.

Regisseur Michael Tesch hat Recht damit, sich mit diesem Stück einen 40 Jahre alten Traum erfüllt zu haben. Denn er hat jetzt die richtigen Schauspieler dafür. Und denen merkt man zudem den eigenen Spaß an der Sache an: Nach der doch düsteren Kriegstrilogie kann nun mal wieder vom Ensemble Profan eine spritzige Komödie ausgekostet werden. Alles andere als blöde.

„Die Affäre Rue de Lourcine“; Letzte Vorstellung: 7. September 2018, 19.30 Uhr, Theater und Konzerthaus; Karten und Infos im Internet unter
www.theater-solingen.de

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