Gericht Betreuerin der Familie des getöteten Mädchens sagt aus

Am fünften Verhandlungstag im Prozess wegen Mordes an einem knapp drei Jahre alten Mädchen war gestern die Mitarbeiterin der Awo als Zeugin ins Landgericht geladen, die Mutter und Kind im Auftrag des Jugendamtes betreut hatte.

Solingen: Prozess um Kindstod fortgesetzt
Foto: dpa/David-Wolfgang Ebener

Mehr als zwei Jahre war die gelernte Erzieherin nah dran an der Familie, zu er noch ein sechsjähriger Junge gehört, der seit 2016 bei Pflegeeltern lebt. Als sie die Begleitung übernommen habe, sei das Mädchen vier Monate alt gewesen. Sie habe mit der nun wegen unterlassener Hilfeleistung mitangeklagten Mutter des Kindes daran gearbeitet, eine gute Mutter-Kind-Bindung zu entwickeln.

„Sie ging liebevoll mit ihrem Kind um“, beschrieb die Erziehungshelferin den Umgang der Mutter mit ihrer Tochter. Die habe anfangs trotz eigener Wohnung mit ihren Kindern bei einer Freundin gewohnt. Der Alltag sei nur wenig strukturiert gewesen und die Mutter habe überfordert gewirkt. Sie habe darauf gedrängt, dass die Alleinerziehende wieder in den eigenen vier Wänden lebe. „Ich hatte vom Jugendamt einen Kontrollauftrag“, erklärte die 54-Jährige. Zeitweise habe sie viermal in der Woche Kontakt zur Mutter des Mädchens gehabt. „Sie wusste, dass ein Wort für einen Hilferuf genügt hätte“, sagte die Erziehungshelferin weinend vor Gericht. Nur wenige Tage vor dem Tod der Zweijährigen habe sie davon erfahren, dass das Mädchen nicht in den Kindergarten gehe. Daraufhin habe sie Kontakt zur Mutter gesucht, die ihr gesagt habe, sie sei krank. Auf erneute Nachfrage sei ihr dann gesagt worden, nun habe sich auch das Kind mit einem Magen-Darm-Virus angesteckt. Sie habe die 25-Jährige daraufhin dazu gedrängt, zum Kinderarzt zu gehen oder das Kind in den Kindergarten zu bringen, wenn es ihm besser geht. Am Abend habe die Mutter per SMS Entwarnung gegeben und ihr geschrieben, das ihre Tochter wieder gesund sei und am nächsten Tag in die Kita komme. „Und dann hat sie mich einen Tag später angerufen und gesagt, dass das Kind tot ist und ihr Freund daran schuld sei“, erinnerte sie sich.

Der wegen Mordes angeklagte Freund, den ihr die Mutter des Kindes im Dezember kurz vorgestellt habe, sei ihr damals nicht durch aggressives Verhalten aufgefallen. Auch das Kind habe sich dem 18-Jährigen gegenüber nicht auffällig verhalten. Dass er allerdings gleich bei Mutter und Kind eingezogen sei, dass von Heirat gesprochen wurde und das Kind schon nach einem Tag „Papa“ zu ihm gesagt habe – das habe ihr nicht gefallen. Nachdem sie die Mutter kurz vor der Tat nur mit Mühe erreichen konnte, habe sie beim Jugendamt angeregt, den im September wegen guter Prognosen gelockerten „Kontrollauftrag“ wieder aufleben zu lassen. Einen Tag später war das Mädchen tot.

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