Videoprojekt in Solingen Audiovisuelles Kunstprojekt gestartet

Solingen · Der Solinger Regisseur Andreas Schäfer realisiert in Kooperation mit dem Stadttheater Solingen ein audiovisuelles Kunstprojekt. Geplant ist die dauerhafte Installation der Videoarbeit im Foyer des Stadt­theaters

 Bodo Primus (l.) im Solinger Stadttheater mit Claudia Gahrke als Dramaturgin und Regisseur Andreas Schäfer (r.).

Bodo Primus (l.) im Solinger Stadttheater mit Claudia Gahrke als Dramaturgin und Regisseur Andreas Schäfer (r.).

Foto: Jens Vetter

Protagonist in Andreas Schäfers inno­vativem Kunstprojekt mit dem Titel „Giordano Bruno remote“ ist der italienische Priester, Dichter, Philo­soph und Astronom Giordano Bruno. Im Jahre 1600 wurde der Gelehrte durch die Inquisition der Ketzerei und der Magie angeklagt und in Rom auf dem Scheiterhaufen verbrannt.

Auf der Schwelle zur Neuzeit postulierte Bruno seine provokanten Thesen: Nicht die Erde, sondern die Sonne steht im Zentrum des Uni­versums (heliozentrisches Welt­bild). Und dieses Universum ist unendlich.

Damit fanden weder die Schöp­fungs­geschichte noch ein in einer höheren Sphäre verortetes Himmelreich mehr Platz in seiner Kosmologie. Giordano Bruno kämpfte, wie auch Niko­laus Kopernikus und später Galileo Galilei, gegen das zu Beginn der Re­naissance vorherrschende ptole­mä­ische geo­zentrische Weltbild, in dem die Erde und der Mensch im Mittel­punkt ste­hen und sich Sonne, der Mond und alle Fixsterne um diese kreis­förmig dre­hen. Obwohl diese ver­meint­liche Wahrheit dem unmit­tel­­ba­ren Au­gen­­­­schein zu ent­sprechen schien, zweifelte der Astronom an dieser auch von der Katholischen Kirche vehement vertretenen Wahrheit.

„Während Galilei vor der Inquisition 1632 abschwor, ist Giordano Bruno für seine Über­zeugung gestorben“, betont Andreas Schäfer und ist sicht­lich fasziniert von den Kontroversen kosmologischer und religiöser Welt­anschauungen, dem Widerstreit alter und neuer Wahrheiten, dem Zweifel, den Auseinander­setzungen und Er­kennt­­­nissen, nicht nur im histo­ri­schen Kontext. Hieraus entstand die Idee zu Schäfers aktueller multi­medialer Produktion.

Aus Giordano Brunos italienischen Dialogen, speziell dem „Aschermitt­wochs­­mahl“, publiziert 1584 im Londoner Exil (1969 im Inselverlag in deutscher Übersetzung erschienen), wählte der Regi­s­seur 31 Sätze, die das Ringen des streitbaren Gelehrten um die Wahrheit in Kosmologie, Phi­lo­sophie und Religion komprimiert erfassen und noch heute interessante aktuelle Einsichten vermitteln: „Denn nur wer vorher zugehört hat, kann an einer Kunst oder Wissenschaft zweifeln und richtige Fragen in der gehörigen Reihenfolge stellen,“ sagt Giordano Bruno im „Aschermitt­wochs­­­mahl“ im 1. Dialog.Nach aufwendiger Abklärung der Rechte an der deutschen Über­set­zung, engagierte Andreas Schäfer für die mediale Realisierung seines Pro­jekts eine professionelle Film-Crew aus Solingen und Köln: Bodo Primus, bekannter Sprecher und Schau­spie­ler, der in Solingen lebt, wurde für die Rolle des Giordano Bruno ge­won­nen. Dazu Roger Müller-Henseler aus Köln, Kamera­mann und gebürtiger Solinger, die Kölner Mas­ken­bild­nerin Diana Köberlin und der Filmverleih Cologne Enter­prise Production, um nur einige zu nennen.

Karla Hetfeld ist für das kuttenartige schwar­ze Ge­wand verantwortlich, in dem Bodo Primus als Giordano Bruno frontal und in Groß­aufnahme zum Be­­trach­ter spricht. Sein Kopf er­scheint in jeder Sequenz lebens­­groß auf dem Monitor und leiht Giordano Bruno seine ausdrucksstarke Stimme. Finanziert werden konnte die Video-Produktion durch das Corona Künst­ler­stipendium des Landes NRW.

Geplant ist die dauerhafte Installation der Videoarbeit im Foyer des Stadt­theaters. Sobald die Corona bedingte Schlie­ßung des Theaters aufgehoben ist, können Besucher dem medialen Gior­dano Bruno be­gegnen, live am Moni­tor interagieren und Zitate nach Stich­­­worten abrufen. Aber auch Interessierte außerhalb des Theaters er­hal­ten virtuell Zugriff auf die Präsentation.

„Giordano Bruno re­mote bedeutet: Diese virtuelle Per­for­mance findet gleich­zeitig im Theater­raum und auf der Webseite des Projektes statt, kann also von überall beobachtet werden,“ erläutert der Regisseur die mediale Grundidee und ergänzt: „Im Zeitalter von Fake News und dem Zurück­drängen der Auf­klärung durch identitäre Strö­mungen liefert die Computer-Installation „Giordano Bruno remote“ das tiefe Wissen vom Urahn der Aufklärung.“ Und um in diesem Sinne Giordano Bruno nochmals zu zitieren: „So erhellt eine Wahr­heit die andere.“

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