Fast 30 Jahre nach Brandanschlag in Solingen Mevlüde Genç ist gestorben

Solingen · Die Friedensbotschafterin und Überlebende des rassistischen Brandanschlags von Solingen, Mevlüde Genç, ist tot. Sie starb im Alter von 79 Jahren. Vor fast 30 Jahren hatte sie fünf Mitglieder ihrer Familie bei dem Anschlag verloren.

Brandanschlag in Solingen: Angela Merkel trifft Mevlüde Genc
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Gedenken an Solinger Brandanschlag - Merkel trifft Mevlüde Genc

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Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Wie die nordrhein-westfälische Staatskanzlei am Sonntag berichtete, starb Genç im Alter von 79 Jahren. Damit „verliert unser Land ein großes Vorbild der Versöhnung“, sagte Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) am Sonntag in Düsseldorf.

Nach Informationen des deutsch-türkischen Magazins „Merhaba“ in Berlin soll Genç nach der Trauerfeier am Dienstag in Solingen in ihre türkische Heimatstadt Amasya überführt und dort beigesetzt werden.

Die damals 50-Jährige Mevlüde Genç verlor bei einem von Rechtsradikalen verübten Brandanschlag am 29. Mai 1993 auf ihr Haus in Solingen zwei Töchter, zwei Enkelinnen und eine Nichte. Vier Täter wurden 1995 zu langjährigen Haftstrafen verurteilt.

Für ihre Bemühungen um Versöhnung nach dem Anschlag wurde ihr 1996 das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen. 2015 erhielt sie den Verdienstorden des Landes NRW. Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen stiftete außerdem 2018 die mit 10.000 Euro dotierte Mevlüde-Genç-Medaille. Diese wird an Einzelpersönlichkeiten oder Gruppen verliehen, die sich für Verständigung und Toleranz einsetzen.

„Wie wenig andere hat Mevlüde Genç den Glauben an das Gute im Menschen verkörpert“, sagte Wüst. Frieden und Versöhnung habe sie immer an erste Stelle gesetzt. „Sie verstand es, den unermesslichen Schmerz, der ihr zugefügt wurde, umzuwandeln in Kraft, um sich für andere Menschen einzusetzen.“ Er sei mit seinen Gedanken und Gebeten bei ihrer Familie, sagte der Ministerpräsident.

Auch die NRW-Integrationsministerin Josefine Paul (Grüne) gedachte Genç nach ihrem Tod: „Zeit ihres Lebens hat Mevlüde Genç zu Toleranz und einem friedlichen Miteinander zwischen den Kulturen aufgerufen. Dafür gebührt ihr mein Dank und der unserer gesamten Gesellschaft. Meine Gedanken sind bei Familie und Freunden dieser beeindruckenden und starken Frau.“

 Mevlüde Genç mit der früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Mevlüde Genç mit der früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Am 29. Mai 1993 hatten vier junge Neonazis das Haus der türkischen Familie in Solingen angezündet. Insgesamt 17 Familienmitglieder wurden bei der Tat schwer verletzt und leiden zum Teil noch heute an den Folgen. Der Anschlag rief weltweit Entsetzen hervor.

(red/hebu/AFP/epd/dpa)
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