Prozess um Kindsmord in Solingen Arzt hat Mutter als liebevoll erlebt

Solingen/Wuppertal · Der Kinderarzt der Angeklagten aus Solingen sagte im Kindsmord-Prozess aus. Der Mediziner ist einer der wenigen, außenstehenden Zeugen, der die Familie über längere Zeit erlebt hat.

 Die angeklagte Mutter (r) steht neben einem ihrer Anwälte auf der Anklagebank. (Archivfoto)

Die angeklagte Mutter (r) steht neben einem ihrer Anwälte auf der Anklagebank. (Archivfoto)

Foto: dpa/Oliver Berg

War die 28-Jährige eine gute Mutter ? Es hatte im Prozess gegen die Solingerin, die fünf ihrer sechs Kinder getötet haben soll, schon Zeugen gegeben, die das bezweifelt haben. Dass der älteste Sohn morgens allein Waffeln gebacken hat, dass er seine Hosen selbst gewaschen hat und dass er zu Fuß in die Schule gegangen ist: All das hatte die Großmutter eines Schulfreundes für bedenklich gehalten. Der Junge soll ihr auch erzählt haben, dass er abends noch mit dem Hund rausgehen würde.

Ihre Tochter habe den ältesten Sohn der Angeklagten auch gekannt und sich gewundert, dass dessen Mutter nichts habe wissen wollen über ihre privaten Verhältnisse. Sein Kind irgendwo hinschicken – nicht wissend, wo es sich aufhält ? Ein Unding aus Sicht der beiden Zeuginnen. Die Mutter des Schulfreundes – in einer Kinderarztpraxis arbeitend – hatte damals das Jugendamt informiert, weil sich die Angeklagte und deren Ehemann geweigert haben sollen, eines der sechs Kinder von einem Herzspezialisten untersuchen zu lassen.

Am Ende dieser Zeugenanhörung am Landgericht Wuppertal blieb der Eindruck: Hier prallen Welten aufeinander. Einerseits eine junge Mutter mit sechs Kindern, deren Ehemann des öfteren durch Abwesenheit glänzte und die schauen muss, wie sie das allein gut hinbekommt. Auf der anderen Seite eine Familie, in der sofort die Oma einspringt, wenn die Kinder beaufsichtigt werden müssen.

Dass es offenbar doch geht, war nun vom Kinderarzt zu hören, der nicht nur fünf der sechs Kinder kannte, sondern auch die Angeklagte selbst von mehreren Krankenhausaufenthalten in deren Kindheit. Damals dort noch als Assistenzarzt tätig, berichtete er nun im Zeugenstand über eine Fülle von körperlichen Beschwerden der damals Achtjährigen. „Im Rückblick würde man sagen, dass vieles auch psychosomatisch gewesen sein könnte“, erinnert sich der Kinderarzt. Als sie im Teenageralter mit ihrem ersten Sohn und später auch mit den anderen Kindern bei ihm gewesen sei, sei er positiv überrascht gewesen. Sie sei in ihrer Mutterrolle aufgegangen, für alle Kinder sei sie zuverlässig zu den Vorsorgeuntersuchungen bei ihm gewesen.

Er selbst habe sich gewundert, warum er bislang nicht als Zeuge geladen worden sei – seine Vernehmung war von den Anwälten der Angeklagten nachträglich beantragt worden.

Von Verteidigerseite war auch zu hören, dass der ebenfalls in Eigenregie beauftragte psychiatrische Gutachter die 28-Jährige mittlerweile in der JVA besucht hat. Er soll am 20. September gehört werden.

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