SPD SPD ehrt Jubilare für „1500 Jahre“ Treue

Solingen · Mit einem Festakt im Haus Müngsten würdigten die Solinger Sozialdemokraten am Samstag langjährige Mitglieder – unter ihnen auch Aenne Franz, die das Parteibuch seit 71 Jahren besitzt.

Oft hilft der Rückblick auf Erfolge der Vergangenheit, um die graue Gegenwart zu bewältigen. Und so spannte auch die Vizepräsidentin des NRW-Landtags, Carina Gödecke, die als Gastrednerin ins Haus Müngsten gekommen war, einen weiten historischen Bogen: Die SPD-Gründerväter August Bebel und Wilhelm Liebknecht durften in ihrem Vortrag genauso wenig fehlen wie Philipp Scheidemann und Willy Brandt. 100 Jahre Frauenwahlrecht, der Widerstand gegen den Nationalsozialismus und die Neue Ostpolitik der 70er Jahre rief Carina Gödecke ihren Solinger Parteifreunden in Erinnerung, um sie gleichzeitig für den schwierigen Gang in die Zukunft zu motivieren: „Unser Wertekodex ist 155 Jahre alt, aber nie unverzichtbar“, bekräftigte die Sozialdemokratin.

Wenngleich – wirklich motivieren musste sie mit ihrer Rede im Grunde kaum jemanden: Schließlich saßen ihr die treuesten der Treuen an der leidgeprüften Basis gegenüber: „1500 Jahre sozialdemokratisches Engagement“, wie die Landespolitikerin betonte, galt es am Samstag zu würdigen. 39 Genossen – aus gesundheitlichen Gründen waren nicht alle vor Ort – hatten in diesem oder im vergangenen Jahr bedeutende Parteijubiläen erlebt. Dafür gab es im Haus Müngsten viele persönliche Worte von Vertretern der Solinger Ortsvereine und Urkunden. Unter den Geehrten war dabei auch viel Politprominenz – Bürgermeister Ernst Lauterjung zum Beispiel, der der SPD seit 50 Jahren die Treue hält. Aber auch Iris Preuß-Buchholz, Vorsitzende der Solinger Ratsfraktion, und der Landtagsabgeordnete Josef Neumann (beide seit 40 Jahren in der Partei) freuten sich über die Würdigung ihrer politischen Arbeit.

Besonders warmen Applaus gab es aber für eine Frau, die untrennbar mit dem Wiederaufbau der Solinger SPD nach dem Zweiten Weltkrieg verbunden ist: Aenne Franz, bekannt auch als Mundartschriftstellerin, hatte kürzlich ihren 95. Geburtstag gefeiert – und ist seit nunmehr 71 Jahren Mitglied in der Partei. „Meine Familie hat mich geprägt“, berichtete sie. Als eines der einschneidensten Erlebnisse beschrieb die Tochter eines langjährigen Sozialdemokraten die Machtergreifung Adolf Hitlers: Nach einem Fackelzug von NSDAP-Anhängern hatte die Gestapo ihren Vater zum Verhör mitgenommen, weil dieser keine Hakenkreuzflagge ins Fenster gehangen hatte. Nach dem Krieg trat Aenne Franz nicht nur in die SPD ein, bei der sie sich unter anderem in der Kulturpolitik engagierte, sondern arbeitete auch jahrzehntelang für die Arbeiterwohlfahrt.

Die jüngere Entwicklung bei den Sozialdemokraten kommentierte Franz trocken: „Die gefällt mir gar nicht.“ Ihre Partei, betonte sie, solle die soziale Frage wieder in den Vordergrund rücken und außerdem „raus aus der Groko.“

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