Vorfreude im Kunstmuseum Digitale Kunst trifft alten Solinger Meister

Solingen · Das Kunstmuseum bereitet eine Gemeinschaftsausstellung der Künstler Hiroyuki Masuyama und Friedrich August de Leuw vor. Und verdichtet deren Werke dank eines Treffens am Rheingrafenstein mit Mönch und Ministrant.

 Raja Lengert und ihr Großvater Stan Gonia stehen dem Künstler Hiroyuki Masuyama Modell.

Raja Lengert und ihr Großvater Stan Gonia stehen dem Künstler Hiroyuki Masuyama Modell.

Foto: Ansgar Sperk

Im Schatten der Müngstener Brücke dümpelt am Wupperufer ein altes Ruderboot. Die Aufschrift „Ich komme aus dem Jahr 1876“ ziert das Heck des Kahns. Ein Mönch und ein Ministrant mit Öllampe in der Hand entsteigen diesem – eine Szene wie aus einer längst vergangenen Zeit. „Stellen sie sich bitte vor, sie sind vor gut 150 Jahren losgefahren und kommen nach so langer Reise hier heute an“, weist Künstler Hiroyuki Masuyama höflich seine Modelle ein. Als Vorlage dient das Ölgemälde “Rheingrafenstein mit Mönch und Ministrant“ aus den späten Jahren des Gräfrather Landschaftsmalers Friedrich August de Leuw.

Seit der Gründung des Kunstmuseums Solingen im alten Gräfrather Rathaus sind 25 Jahre vergangen. Nun wird im Frühjahr kommenden Jahres – sozusagen nachträglich und nach zuletzt langer coronabedingter Durststrecke – eine ganz besondere Ausstellung eröffnet, die es in dieser Form hier noch nicht zu sehen gab. Das Schaffen zweier ganz unterschiedlicher Künstler, aus ganz unterschiedlichen Jahrhunderten und mit doch vielerlei Berührungspunkten, wird miteinander präsentiert.

Die Themen Zeit und Reise prägen das Werk des aus Tsukuba in Japan stammenden zeitgenössischen Künstlers Hiroyuki Masuyama. Er studierte zunächst in Tokio, später an der Kunstakademie in Düsseldorf. Es sind die farbgewaltigen Gemälde prägender bildender Künstler der Romantik, wie Joseph Mallord William Turner oder Caspar David Friedrich, die ihn faszinieren und zu seinen kreativen Zeitreisen inspirieren.

„Ich reise nie alleine, denn wenn ich unterwegs bin, ist der Künstler immer bei mir. Immer wieder stelle ich mir die Frage, was hat sich in der Zeit zwischen der ersten Entstehung und heute verändert. Empfinden die Menschen Schönheit und Ästhetik noch gleich oder eben anders“, beschreibt der international renommierte Maler, Objekt- und Medienkünstler seine Reisen. Mit größter Ruhe, Präzision und Beharrlichkeit, geht er mit seiner Kamera auf die Suche. Dann komponiert er die meist viele Hundert Bilder starken Kollagen akribisch am Computer.

Auch Friedrich August de Leuw, am 10. Mai 1817 als ältester Sohn des Augenarztes Friedrich Hermann de Leuw in Gräfrath geboren, genoss seit 1838 eine Kunstausbildung an der hoch angesehenen Malerschule in Düsseldorf. Und auch ihn zog es schon früh mit seinem Lehrer Johann Wilhelm Schirmer sowie Studienkollegen der Landschaftsmalerei, zu Exkursionen raus aus den Ateliers und rein in die Natur und direkt zu den Menschen. Zunächst in die nähere Umgebung, später dann auf weitere Reisen bis in die Niederlande und nach England. Das Werk des Spätromantikers ist geprägt von realistischen Gemälden, Aquarellen, Zeichnungen und Skizzen im romantischen Ideal des Zeitgeistes vor eineinhalb Jahrhunderten.

„Wir wissen, dass Friedrich August de Leuw vielfach an der Wupper gewandert ist“, gibt Galerist, freischaffender Künstler und de Leuw-Koryphäe Dirk Balke einen kurzen Einblick in die bemerkenswerte Vita und das Œuvre des berühmten Klingenstädter Künstlers. „So lag nichts näher, als hier einen Ort zu suchen und Motive zu finden, die Hiroyuki Masuyamas Interpretation des von ihm ausgewählten Gemäldes von Friedrich August de Leuw vervollständigen“, ergänzt der gebürtige Solinger. Er lebt und arbeitet in der Landeshauptstadt.

„Der Künstler hat das Boot eigenhändig nach der Vorlage de Leuws gebaut, auch dieses wird selbstverständlich ausgestellt“, zeigt sich Direktorin Gisela Elbracht-Iglhaut sichtlich erfreut, dieses Projekt in ihrem Museum verwirklichen zu können. „Mit Corona hat sich auch für uns einiges verändert,“ so Elbracht-Iglhaut weiter, „mein und unser aller großes Ansinnen ist es, das Publikum wieder zurück in die Museen zu holen. Daher hatten wir auch bewusst öffentlich zur Teilnahme an diesem außergewöhnlichen Shooting im Müngstener Brückenpark aufgerufen.“

 Galerist Dirk Balke, Künstler Hiroyuki Masuyama und Museumsdirektorin Gisela Elbracht-Iglhaut testen die Seetüchtigkeit des eigens angefertigten Bootes.

Galerist Dirk Balke, Künstler Hiroyuki Masuyama und Museumsdirektorin Gisela Elbracht-Iglhaut testen die Seetüchtigkeit des eigens angefertigten Bootes.

Foto: Ansgar Sperk
 Vorlage des Künstlers Hiroyuki Masuyama; daneben das Original von Friedrich August de Leuw.

Vorlage des Künstlers Hiroyuki Masuyama; daneben das Original von Friedrich August de Leuw.

Foto: Ansgar Sperk

„Bei den Düsseldorfer Kunstpunkten im August haben wir davon erfahren. Es lagen dort Handzettel aus, und wir haben uns gleich beworben“, erzählen Frida Paul (7) und ihr Vater Boris aus Wuppertal. Michael und Tochter Hama Leonhardt (8) aus Düsseldorf sind längst Fans Masuyamas. Im Rahmen seines „Home Projects“ hatte die Familie sich zunächst ein Bild des Künstlers ausgeliehen, inzwischen nennt man drei seiner Werke nicht ohne Stolz sein eigen.

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