Medizinische Versorgung in Solingen Hilfe für Kinder aus Afghanistan

Solingen · Einer der ersten europäischen Hilfseinsätze nach der Machtübernahme der Taliban brachte zwei schwer erkrankte Jungen nach Solingen. Sie werden in der St.Lukas Klinik behandelt.

 Die Verletzung von Amir (Name von der Redaktion geändert) wird von den Ärzten in der St. Lukas Klinik behandelt.

Die Verletzung von Amir (Name von der Redaktion geändert) wird von den Ärzten in der St. Lukas Klinik behandelt.

Foto: . Fotohinweis: Uli Preuss/Friedensdorf/Uli Preuss

Der Anflug auf den von hohen Bergen eingerahmten Talkessel von Kabul war ohne das zerstörte Landesystem am Boden offensichtlich nichts für schwache Nerven. Und allzu viel Zeit zum Luftholen blieb auch nach der Landung nicht. Denn die tschechische Boeing 737, die Hilfsgüter nach Afghanistan gebracht hatte, hob schnell wieder ab – mit 27 schwer verletzten und erkrankten Kindern an Bord. Ihr Ziel: Der Düsseldorfer Flughafen. Dort warteten Rettungswagen darauf, die Patienten in verschiedene deutsche Krankenhäuser zu bringen – zwei davon in die Ohligser St. Lukas Klinik.

Der Einsatz des Friedensdorf International am 5. November war einer der ersten Flüge einer europäischen Nicht-Regierungsorganisation ins krisengeschüttelte Land am Hindukusch nach dessen Rückeroberung durch die Taliban. Er diente dazu, die hilflosesten Opfer von Krieg und Armut zu versorgen. Die haben oft mit Krankheiten zu kämpfen, die hierzulande wohl nur noch Angehörige der Weltkriegsgeneration kennen.

Eine davon ist die Osteomyelitis, eine infektiöse Entzündung, die nach Knochenbrüchen entstehen kann. Unter ihr leiden auch die beiden Patienten des Ohligser Krankenhauses: Der ältere, zwölf Jahre alte Junge, war beim Laufen auf einen Stein geprallt, sein neunjähriger Leidensgenosse vom Dach gestürzt. Beide brachen sich den Unterschenkel und entwickelten fistelnde Entzündungen, die auch Operationen in der Heimat nicht stoppen konnten.

„Sie stammen wie alle Friedensdorf-Kinder aus sehr armen Familien“, erklärt Uli Preuss, Botschafter der Hilfsorganisation. Unterernährung, schlechte hygienische Verhältnisse und die mangelhafte medizinische Ausstattung bildeten den Nährboden für die schmerzhaften und gefährlichen Leiden. Vor Ort hätten die sich nicht mehr adäquat behandeln lassen. So blieb die weite Reise, fernab der Eltern.

„Sie haben natürlich Heimweh“, schilderte Abbas Fallahi, Oberarzt in der Chirurgie an der St. Lukas Klinik, die erste Begegnung mit den jungen Patienten. Aber schon das erste Gespräch auf Persisch, das Fallahi beherrscht, habe sie wieder zum Lächeln gebracht, berichtet Annika Butzen, die stellvertretende Geschäftsführerin an der St. Lukas Klinik.

Diese und andere Krankenhäuser unter dem Dach der katholischen Kplus-Gruppe nehmen seit Jahrzehnten immer wieder junge Patienten für das Friedensdorf auf. „Das dürften inzwischen weit über 200 Kinder gewesen sein – und dafür sind wir sehr dankbar“, sagt Uli Preuss. Die ersten Eingriffe bei den beiden afghanischen Jungen fanden in der vergangenen Woche statt - und verliefen gut. „Das sind sehr invasive Operationen“, sagt Dr. Markus Meibert, ärztlicher Direktor der Klinik. Der Knochen müssen die Chirurgen dabei öffnen und vom Eiter befreien – und das mehrfach. „Wir sind aber zuversichtlich, dass wir mit diesen Maßnahmen gut zurecht kommen“, sagt Fallahi.

Wie es genau weitergeht, ist noch nicht klar. Schließlich hatte die politische Situation in Afghanistan auch die Übernahme der kranken Kinder aus Kabul verzögert. Rund ein halbes Jahr verbringen die Betroffenen in der Regel in Deutschland – nach der Behandlung im Krankenhaus in der Heimeinrichtung in Oberhausen, ehe sie wieder zu ihren Familien können.

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