Gastronomie in Solingen Martinsgans zwingt Wirte zum Abwägen

Solingen · Beim beliebten Gänseessen müssen Kunden demnächst ­deutlich tiefer in die Tasche greifen – und das bildet nur einen Teil der Kosten für Gastronomen ab.  

 Viele Kunden sind in diesem Herbst offenbar bereit, mehr für einen Gänsebraten in Restaurant zu bezahlen.

Viele Kunden sind in diesem Herbst offenbar bereit, mehr für einen Gänsebraten in Restaurant zu bezahlen.

Foto: bauch, jana (jaba)

Das erste Novemberwochenende steht bei vielen Stammgästen des „Cologne‘s“ Brauhaus im Kalender: Denn dann ist – wie auch in anderen Gaststätten – die Gänse- und Wildzeit eröffnet. In diesem Jahr steht das allerdings noch unter Vorbehalt – was offenkundig nicht an der Nachfrage liegt: „Seit einer Woche bekommen wir deswegen viele Anrufe“, berichtet Monika Dukic. Aber letztlich müsse man auf die Entwicklung der Kosten schauen – und danach beurteilen, welchen Preis man den Gästen am Ende vermitteln könne.

23,90 Euro kostete die Gänsekeule mit Rotkohl, zwei Klößen, Preisselbeeren und Apfel im „Cologne‘s“ im vergangenen Jahr, ein Euro mehr zahlten die Gäste für die Brust. Sauce konnte man nach Wunsch immer noch nachbestellen. Doch der Preis für das Kilogramm Gänse-Fleisch habe sich im Einkauf inzwischen verdoppelt, erklärt Dukic. Das könne man gar nicht an die Gäste weitergeben. Die explodierenden Energiekosten sind in der Rechnung noch nicht einmal enthalten – und das angesichts der ohnehin zeit- und energieintensiven Zubereitung des Geflügel-Leckerbissens.

So stellt die wirtschaftliche Lage die bereits durch Corona gebeutelten Gastronomen in diesem von Unsicherheiten geprägten Herbst einmal mehr  vor knifflige Fragen: Was sind die Gäste, die schließlich selbst auch vielfach genauer aufs Geld schauen müssen, zu zahlen bereit ? Wie lässt sich der Preis so gestalten, dass eigene Fixkosten – vom Einkauf über das Personal bis zu Miete und Strom – irgendwie zu stemmen sind ?  Lohnt es sich derzeit  überhaupt, das traditionelle Angebot für die Zeit rund um St. Martin und das Weihnachtsfest aufrechtzuerhalten ?

Um fast 40 Prozent müsse man die Preise erhöhen, sagt auch Philipp Müller vom Gasthaus Schaaf. Ein Gänseessen für vier Personen kostet demnach 150 Euro statt zuletzt 110 Euro. Die Gerichte bietet das Gasthaus ausschließlich zur Abholung, nicht aber im Lokal an. Schließlich hängt weiterhin das Damoklesschwert verschärfter Corona-Regeln über der Gastronomie. Neben Inflation und Energiekrise macht Müller dabei noch ein anderes Problem zu schaffen: Denn schließlich ist das Gasthaus seit Jahrzehnten auch ein Spezialist für französisches Geflügel. Weil aber wegen der Vogelgrippe rund 60 Millionen Gänse und Enten gekeult wurden, wird es die französische Gans in diesem Jahr nur am Martinswochenende, nicht aber zum Weihnachtsfest geben. Dafür wich man auf einen polnischen Betrieb aus. Auch dort seien die Haltungsbedingungen gut und die Qualität „top“, betont Müller. Die gestiegenen Preise jedoch führten auch in Gesprächen mit Gästen teilweise zu einer gewissen Zurückhaltung.

Nur auf Vorbestellung gibt es das Gänsefleisch auch im Gasthaus Weegerhof: Beim Lieferanten sei der Preis von rund neun auf fast 19 Euro gestiegen. Man hoffe aber noch auf einen Preisnachlass, erklärt Ivan Musan vom Restaurant. Wie man die eigenen Preise angesichts der Kosten gestalte, sei noch nicht ganz sicher. Zugleich betont Musan: „Wenn jemand bei uns eine Gans bestellen will, werden wir offen darüber reden, dass es teurer geworden ist.“

Monika Dukic vom „Cologne`s“ schaut wie ihre Kollegen genau auf die weitere Entwicklung: „Ich möchte das Gänseessen auf jeden Fall gern anbieten“, bekräftigt sie. Klar sei aber auch: „Einen Preis von 35 Euro würde wohl niemand zahlen.“

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