Mein Solingen Der Holländer, der nach Hästen kam

Solingen · Johannes Yzerman kaufte vor 100 Jahren den Scharfhausener Hof. Die Familie bewirtschaftet ihn jetzt in vierter Generation.

 Barbara, Hans-Wilhelm, Andreas und Melanie Yzerman sowie Eva Heßmer mit den (Enkel-)Kindern Johannes, Johannes, Emilia und Viktoria (v.l.).

Barbara, Hans-Wilhelm, Andreas und Melanie Yzerman sowie Eva Heßmer mit den (Enkel-)Kindern Johannes, Johannes, Emilia und Viktoria (v.l.).

Foto: Fred Lothar Melchior

Rund 100 Jahre auf dem eigenen Hof: Das hat Familie Yzerman im vergangenen September mit dem 70. Geburtstag von Hans-Wilhelm Yzerman gefeiert. Etwa 250 Gäste kamen zum Löwenweg nach Hästen. Die Feier war etwas Besonderes: „Im Sommer arbeiten Sie schon einmal 60 oder 70 Stunden pro Woche“, sagt Andreas Yzerman, der den Scharfhausener Hof vor drei Jahren von seinem Vater pachtete. Da bleibt wenig Zeit für Vergnügen. „Wir waren so gut wie nie in Urlaub“, bestätigt der Senior.

1900 waren die Bedingungen noch viel härter: Da kam Johannes Yzerman aus Holland nach Mettmann, wo er sich als Knecht auf einem Bauernhof verdingte – und seine spätere Frau Rosalie kennen lernte. 1908 zog das Paar nach Solingen, 1918 erwarb Yzerman den Hof in Hästen. Dort packt heute die vierte Generation an. „Wenn Sie keinen Hofnachfolger haben, fangen Sie mit 60 Jahren an, alles zu verkleinern“, erläutern Vater Hans-Wilhelm und Sohn Andreas. Der Scharfhausener Hof aber floriert: Hans-Wilhelm Yzerman und seine Frau Barbara hatten das Glück, dass sich fast alle ihrer vier Kinder für die Landwirtschaft interessierten. „Mit 15 Jahren durften mein älterer Bruder Thomas und ich Trecker fahren. Da haben wir den Führerschein gemacht“, erinnert sich Andreas, heute 40.

Beide Brüder absolvierten eine Dachdeckerlehre. Andreas Yzerman begann danach eine landwirtschaftliche Ausbildung und lernte auf der Meisterschule seine Frau Melanie kennen. Auch seine Schwester Eva ist staatlich geprüfte Landwirtin. Mit ihrer Schwägerin und ihrem Mann kümmert sie sich um die Pferde auf dem Hof.

„1998 standen wir vor der Frage, ob wir einen Kuhstall oder eine Reithalle bauen“, erklärt Andreas Yzerman. Die Antwort fiel nicht leicht. „Ab 2000 hätte unsere Milch an die Börse gemusst. Davor konnte ich noch selbst einen Partner suchen und den Preis aushandeln“, erzählt sein Vater. „Meine Frau Barbara stammt auch von einem Bauernhof. Die hat geweint, als die Kühe weggingen.“

Rund 50 waren es, die 1999 wie die Melkanlage verkauft wurden. Die Milchquote wurde verpachtet. „1962 gab es in Solingen noch 102 Milcherzeuger“, erläutert der langjährige Ortslandwirt (1991 bis 2015), der auch dem Verband vorsaß. „Die Zahl habe ich von dem Tankwagenfahrer. Heute haben wir in Solingen noch drei.“ „Milchwirtschaft ist Arbeit ohne Ende“, nennt Andreas Yzerman einen weiteren Grund für den Rückgang.

Die Bullenmast hatten die Yzermans bereits 1994 beendet. „Stattdessen baute mein Vater die ersten fünf Pferdepensionsboxen“, berichtet Tochter Eva. „Damals wollte ein Bekannter ein Pony unterstellen“, blickt Hans-Wilhelm Yzerman zurück. „Es ist noch immer hier und bekommt sein Gnadenbrot.“ Die anderen Tiere stammen meistens aus Solingen und der Umgebung. Etwa 50 Pferdeboxen gibt es am Löwenweg, verteilt auf mehrere Gebäude. Außerdem halten die Landwirte fünf Mutterkühe.

Das Futter für Pensionsgäste und eigenes Vieh baut die Familie neben Getreide und Mais selbst an. Rund 120 Hektar, von denen zirka ein Viertel im eigenen Besitz ist, werden von den Landwirten bewirtschaftet. Allerdings muss Andreas Yzerman immer weiter fahren, unter anderem bis zur Dhünntalsperre, um die zwei bis zehn Hektar großen Flächen zu erreichen. „Es heißt wachsen oder weichen“, sagt Hans-Wilhelm Yzerman. „Jeden Tag gehen in Nordrhein-Westfalen zehn Hektar Land verloren.“ In Solingen entstanden auf gutem Boden beispielsweise die Siedlung Börkhaus-Siebels und das Gewerbegebiet Piepersberg.

Zu den langen Anfahrten kommt in diesem Jahr noch der extrem trockene Sommer. 20 bis 25 Prozent Einbußen erwarten Yzerman und sein Sohn beim Getreide. „Unser Mais sieht allerdings noch recht gut aus – verglichen mit dem in anderen Landstrichen. Hier in Solingen kriegen wir immer noch einen Schauer mit.“

Welche Herausforderungen der Klimawandel noch bringt, das wird sich zeigen. Wer sich ihnen auf dem Scharfhausener Hof stellt, darf aber vermutet werden: Melanie und Andreas Yzerman haben drei Kinder, einen kleinen Jungen und zwei etwas ältere Mädchen. Und die fühlen sich auf dem Pferderücken schon sehr wohl.

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