Solingen „Wir freuen uns über jeden, der kommt“

Solingen · Das Geschäft in den Solinger Restaurants läuft langsam wieder an. Von Aufpreisen oder einem Tischgeld ist nicht die Rede. Zweites Standbein für viele Unternehmen ist der Außer-Haus-Verkauf.

 Haus Müngsten unterhalb Deutschlands höchster Eisenbahnbrücke hat viel Platz, um die Gäste auch auf der Terrasse zu bewirten.

Haus Müngsten unterhalb Deutschlands höchster Eisenbahnbrücke hat viel Platz, um die Gäste auch auf der Terrasse zu bewirten.

Foto: Peter Meuter

Das ist Basisdemokratie: Noch bis morgen lässt Dirk Vieth seine Kunden abstimmen, ob sie wieder in „Charly’s Diner“ Platz nehmen oder sich lieber beliefern lassen wollen. Das amerikanische Restaurant an der Katternberger Straße bietet donnerstags bis sonntags Barbecue-Gerichte, Burger aus dem „Baukasten“ und Milkshakes an. „Unser Team arbeitet trotzdem sieben Tage die Woche zehn bis zwölf Stunden lang“, erzählt Vieth. „Wir produzieren alles selbst und suchen deshalb auch noch Personal.“ Lieferservice und Bedienung am Tisch seien nicht gleichzeitig machbar.

Bei einigen anderen Gastronomen sind Mitarbeiter dagegen weiter in Kurzarbeit. Auch in Haus Müngsten, das bereits am vergangenen Montag öffnete, sind noch nicht alle Beschäftigten an Bord. „Es fängt ruhig an, aber wir sind guter Hoffnung“, sagt Betriebsleiterin Sabine Groß. Ihr Vorteil: „Wir haben Platz ohne Ende und freuen uns über jeden, der kommt.“ So steht im großen Gastraum zwar nur noch ein Drittel der Plätze zur Verfügung. Bei Bedarf kann aber auch die erste Etage geöffnet werden.

Außerdem sitzen die ersten Besucher ohnehin lieber draußen auf der Terrasse. Die meisten kämen bisher zum Kaffeetrinken, berichtet Sabine Groß. „Wir haben unser Angebot der Lage angepasst.“ Statt Brunch, ein beliebtes Angebot der Müngstener, gibt es jetzt beispielsweise Frühstück am Tisch. Nicht nur das Buffet beim Brunch ist der Corona-Krise zum Opfer gefallen. Groß: „Alle, die bei uns ihre Hochzeit feiern wollen, vertrösten wir momentan bis Ende August.“ 54 Feste waren bereits gebucht – „ab Anfang Mai fast jeden Freitag und Samstag“.

Im Gasthaus Weegerhof sind es die Kegelclubs, die nicht kommen dürfen. „Unsere beiden Bahnen werden normalerweise von mehr als 80 Clubs genutzt“, berichtet Ivan Musan. Das Restaurant in der SBV-Siedlung in Höhscheid gehört ebenfalls zu denen, die vor einer Woche öffneten. „Wir hatten jeden Tag Gäste – größtenteils Stammkunden, die froh sind, dass sie wieder kommen können.“ Im Innenraum gibt es jetzt vier Tische weniger als bisher, auf der Terrasse nur noch etwa 30 statt 50 Plätze. Kunden können bestellte Speisen auch weiterhin selbst abholen.

Von Aufschlägen oder Tischgeld ist bei den hier erwähnten Restaurants keine Rede. „In der Woche biete ich sogar noch Aktionspreise an“, betont Bruno Kozul, Inhaber des Merscheider Schützenhauses am Kyllmannweg. Er hat seine Gaststätte am Dienstag geöffnet. „Der Ansturm ist noch minimal. Die Leute müssen sich erst wieder daran gewöhnen. Aber wir sind optimistisch“ – auch was die Nutzung der Kegelbahn angehe. Weil Kozul drinnen nur noch gut ein Drittel seiner Tische nutzen darf, setzt er weiter auf einen Abhol- und Lieferservice.

Das gilt (beim Lieferservice nur am Wochenende) auch für Basti’s Restaurant an der Wuppertaler Straße in Gräfrath. „Ansonsten versuchen wir so viele Tische wie möglich zu belegen“, sagt Inhaber Sebastian Beyer, der gleichzeitig Küchenchef ist. Da nur noch acht Tische zur Verfügung stehen und damit maximal 32 statt wie bisher 50 Personen gleichzeitig speisen können, wird im Schichtbetrieb gegessen. Die ersten Gäste dinieren von 17.30 bis 20 Uhr, die zweite Schicht beginnt nach der Reinigung und Desinfektion der Plätze eine Viertelstunde später. Außerdem hat das Restaurant am Rand der Korkenzieher-Trasse, das ab Montag wieder Gäste empfing, noch eine kleine Terrasse.

„Die Leute sind heiß darauf, wieder ausgehen zu dürfen“, kommentiert Mario Braun, Betriebsleiter von Restaurant & Bistro Pfaffenberg. Er verweist auf zahlreiche Reservierungen für diese Woche, auch von Gästen aus dem Umland. „Sobald die Sonne herauskommt, ist bei uns die Terrasse heiß begehrt.“ „Das Pfaffenberg“ ist seit Mittwoch wieder geöffnet, aber Braun vermutet für die ganze Branche: „Es wird nicht mehr so sein wie vorher.“

Dabei ist das „rustikale“ Aussehen nur ein kleiner Aspekt: Hübsch dekoriert sind nur noch die nicht genutzten Tische. Oder, wie es in Müngsten Sabine Groß sagt: „Wir führen ein Leben mit der Desinfektionsflasche.“

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