Hörspiel-Produktion aus Solingen Von verliebten Viren und tobenden Mikroben

Solingen · Mit „Intropolis – ein Körperkrimi“, legt die Solinger Schauspielerin und Hörbuchsprecherin Claudia Gahrke jetzt ihr erstes eigenes Hörspiel vor. Die CD hat eine Spieldauer von 54 Minuten.

 Claudia Gahrke hat das Musikhörspiel „Intropolis - ein Körperkrimi“ produziert.

Claudia Gahrke hat das Musikhörspiel „Intropolis - ein Körperkrimi“ produziert.

Foto: Peter Meuter

Lang liest sich die Liste der Charaktere, denen Claudia Gahrke ihre Stimme leiht. Beispielsweise spricht sie im Videospielklassiker Assassin’s Creek die Juno. Nun nimmt sie, in ihrem ersten eigenen Musikhörspiel, ihre Hörerinnen und Hörer mit auf eine so spannende wie wundersame Reise ins Innere des Hypochonders Herr Wunderlin.

Schon länger gärte der Stoff zu „Intropolis“ in Gahrkes Schreibtischschubladen, und so ist es purer Zufall, dass der Exzentriker ausgerechnet aufgrund einer wiederholten Warnmeldung eines gewissen Instituts – einen gefährlichen Darmvirus betreffend – aufs Äußerste beunruhigt ist. Alice im Wunderlands Sturz durch den Kaninchenbau ähnlich, fällt dieser in einen unruhigen Schlaf und in sein eigenes, höchst vitales Innenleben. Er sieht und erlebt dort Dinge, die rational unmöglich sind und lernt sich in seiner eigenen Begegnung besser kennen.

Herr Wunderlin trifft auf badende Momaden, üppige Einzeller, halluzinogene Pilze und die kriminelle Halbwelt der Darmflora. Surreale Kreaturen, denen von Liebeskummer über geistreiche Gedanken, nervtötende Werbeanrufe, bizarren Lastern und zwielichtigen Machenschaften nichts noch so Menschliches fremd ist. Wenig verwunderlich, gibt es auch einen Halunken namens Charlie Huth, der im Clinch mit seinem Nachbarn liegt und den „ganzen Laden“ zu übernehmen droht ­– demgegenüber die engelsgleiche Celeste, die den weiten Mikrokosmos beseelt.

„Wir stehen morgens auf, erledigen den Tag, gehen wieder zu Bett und nehmen all die Dinge sehr selbstverständlich und unbewusst.“ Der Traum des argentinischen Installations- und Performancekünstlers Tomás Saraceno, von einer „artenübergreifenden Solidarität“, hat Gahrke inspiriert. Für sie bedeutet das: „Wir leben in der besten aller möglichen Welten, die es zu bewahren gilt und sollten damit sehr sorg- und achtsam umgehen.“

Neben ihrem schriftstellerischem Vermögen, stellt die 55-Jährige ihr enormes stimmliches Repertoire, anhand sämtlicher der über ein Dutzend auftretenden Typen unter Beweis. Lediglich Jukebox-Joe, der coole Diskjockey, spricht treffsicher der einmalige Schauspieler, Sänger und Moderator Ron Williams. Sämtliche Dialoge wurden weitgehend direkt und ungeschnitten eingesprochen.

Das Artwork von Celina Hoß erinnert an die skurrilen Comicclips Monty Pythons und geben eine gewisse Vorstellung von Einzellern, Polypen, Pilzen und nackigen Gastropoden. Runde Formen und die Umsetzung in Schwarz-Weiß assoziieren Yin und Yang – Gegensätzlichkeiten, die sich in Balance bedingen und brauchen.

Suzan Köcher und Julian Müller (Blackberries) eröffnen mit der „Hymne der Kotzmopolypen“ und beschließen mit der Ballade „Intropolis“ den prickelnden, gut einstündigen Plot. Unter Verwendung altehrwürdiger Instrumente, wie analogen Hallgeräten, dem Mellotron oder einer Höfner-Gitarre, entwickelten sie eine psychedelisch anmutende Klangwelt und gaben jedem Charakter eine eigene musikalische Identität. „Wir sind Andreas Schäfer und Claudia Gahrke zum ersten Mal bei einem Projekt für die Friedrich-Ebert-Stiftung begegnet. Es sollten kurze Clips vertont werden. Für uns war völlig neu, so etwas nachträglich zum schon aufgenommenen Wort umzusetzen“, erklärt das lokale Multimusiktalent Julian Müller.

„Von frühester Kindheit an, war ich ein Hörspielfan und nervte bisweilen meine Eltern mit den Geschichten in Dauerschleife. Noch gut erinnere ich mich an das Geschäft in Hamborn, da gab es von ,Europa’ neben Schallplatten auch Kassetten in diesen weißen oder roten Hüllen und die Heftchen von Bastei Lübbe“, erinnert sich die gebürtige Duisburgerin. In Solingen aufgewachsen, ist sie dem Ruhrpott mit seiner ganz eigenen und direkten Art stets verbunden geblieben.

Claudia Gahrke ist eine Gefragte ihres Fachs. Soeben noch bei der Kostümprobe zu „Das Orlando-Projekt“ – Anfang 2022 im Theater und Konzerthaus der Klingenstadt zu erleben ­– ist sie auch schon wieder auf dem Sprung. Gemeinsam mit Christian Brückner, der deutschen Stimme Robert de Niros, nimmt sie aktuell „Leopardenflecken auf Handrücken“ beim renommierten Hörbuchverlag Bastei Lübbe in Köln auf.

Ein Hörspiel ist kein Lesespiel, zu allererst also was für die Ohren. „Intropolis – ein Körperkrimi“ ist so spannend wie humorvoll und will bis zum guten Ende gehört werden – soviel sei verraten. Für alle, die es nicht nur zu Weihnachten sowohl besinnlich und romantisch als auch ein wenig frivol und schauerlich mögen.

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