Cem Özdemir in Solingen ausgezeichnet „Dankbar für alle, die sich gegen Hass und Fanatismus einsetzen“
Solingen · Cem Özdemir ist der neue Träger der „Schärfsten Klinge“. Am Donnerstagabend wurde dem 53 Jahre alten Politiker der Grünen vor rund 750 Gästen im Theater und Konzerthaus der Ehrenpreis der Stadt Solingen verliehen.

Solingen ehrt Cem Özdemir mit der „Schärfsten Klinge“
Der Beifall nach der Verleihung der Schärfsten Klinge am Donnerstagabend im fast voll besetzen Konzertsaal war lang. Auch nach der Dankesrede des Preisträgers Cem Özdemir hatten die Gäste mit ihrem Applaus und stehenden Ovationen den Eindruck, einen würdigen Preisträger zu feiern: Cem Özdemir ist der 13. Preisträger der Schärfsten Klinge, ein Verfechter der freiheitlichen Demokratie, der sich stets gegen Rassismus und Ausgrenzung wendet.
„Am Abend nach dem Brandanschlag in Solingen reifte in mir die Erkenntnis, mich in der Bundespolitik zu engagieren“, sagte Özdemir mit Blick auf Aussagen von Mevlüde Genç und den damaligen Vorsitzenden des Zentralrates der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis. „Ich bin dankbar für alle, die sich gegen Hass und Fanatismus einsetzen. Zumal die Rechtspopulisten unter uns sind – selbst in den Parlamenten“, sagte Özdemir. Allerdings: „Hass ist keine Lösung. Das schärfste Instrument, das wir haben, ist unser Wort“, betonte der bald 54-jährige Politiker vom Bündnis 90 / Die Grünen.
Solingen allein auf den Brandanschlag zu reduzieren, das, so Özdemir, sei falsch. „Solingen hat eine Menge zu bieten“, erklärte der Preisträger und erwähnte nicht nur scharfe Messer, sondern auch die Müngstener Brücke und den Batterie betrieben Obus (BOB). Letzteres sei eines der größten E-Bus-Systeme in Europa. Und mit Blick auf Deutschlands höchste Eisenbahnbrücke drückte Cem Özdemir die Hoffnung aus, dass die Bemühungen, die Brücke als Weltkulturerbe einzutragen, erfolgreich sind.
Rund 750 Gäste waren zur Preisverleihung der Schärfsten Klinge gekommen, die 1978 erstmals verliehen worden war. Den Einsatz des geschliffenen Wortes zum Wohl der Gemeinschaft einzusetzen, Überzeugungen mit Leidenschaft zu vermitteln, ohne die Regeln des respektvollen Umgangs zu verletzen – Cem Özdemir ist ein würdiger Preisträger. Das findet auch Alt-Bundespräsident Joachim Gauck, der 2011 die Schärfste Klinge verliehen bekommen hatte und nun die Laudatio auf Özdemir hielt. „Die schärfste Klinge ist ein schöner und besonderer Preis, der nicht jedes Jahr verliehen wird“, betonte Gauck. Er sieht in der Schärfsten Klinge zudem einen wichtigen Preis „gerade in Zeiten, in denen mit Emotionen Schindluder getrieben wird“. Man dürfe nicht hinnehmen, dass Hass, Verunglimpfungen oder der Aufruf zu Gewalt ein normales Mittel der Politik werde. Hier müsse man den Anfängen wehren“, forderte Gauck.
„Wir brauchen viele Mutmacher und Menschen, die in den Dialog treten. Auch mit jenen, die man nicht kennt.“ Der Appell von Oberbürgermeister Tim Kurzbach fand bei Joachim Gauck nachhaltige Unterstützung. „Zum Leben in der offenen Gesellschaft gehört Risikobereitschaft. Keine politische Region, auch keine religiöse, ist aber vom Missbrauch gewahrt“, erklärte der Alt-Bundespräsident, der bei Cem Özdemir beispielsweise in der Auseinandersetzung mit der AfD vor allem auch die Fähigkeit herausstellte, gleichsam argumentativ und moralisch die Auseinandersetzung zu suchen. Gauck freut sich über das rhetorische Begabung des Preisträgers: „Er pflegt die klare Sprache, die Menschen hören ihm zu.“
Das sieht auch Oberbürgermeister Tim Kurzbach so. „Mit der Preisverleihung setzen wir ein Zeichen, mutig aufzustehen für Freiheit und Pluralität“, sagte Kurzbach. Denn die „Demokratie ist bedroht, sie wird angegriffen“, erklärte er mit Blick auf die jüngsten Wahlergebnisse und auch den Anschlag in Halle. Kurzbach rief alle dazu auf, sich für die Demokratie einzusetzen.