Berufungsverfahren am Landgericht Wuppertal Ordnungsamt-Prozess – Teil drei

Solingen · Rechtsstreit zwischen einer Frau und einem Mitarbeiter geht weiter.

Solingen: Berufungsverfahren im Ordnungsamt-Prozess
Foto: dpa/Britta Pedersen

(mag) Ein Novembertag 2017, gegen 14.30 Uhr im städtischen Ordnungsamt: Eine Bürgerin betritt den Raum, um ihr Gewerbe abzumelden und ihre Dozententätigkeit als Freiberuflerin weiter zu betreiben. Sie wolle keine Steuern mehr bezahlen und auch keine Beiträge für die Industrie- und Handelskammer: Das soll sie laut Zeugenaussagen damals dort so kundgetan haben.

Was danach passierte, füllt mittlerweile etliche Gerichtsordner beim Amtsgericht, beim Arbeitsgericht und nun inzwischen auch beim Wuppertaler Landgericht, nachdem die Kundin von damals dort Berufung gegen ein gegen sie verhängtes Urteil wegen falscher Verdächtigung eingelegt hatte. Das Amtsgericht hatte im vergangenen März eine Geldstrafe von 1400 Euro gegen die Angeklagte verhängt. Diese wiederum fühlte sich vom Mitarbeiter des Ordnungsamtes am Ende einer Debatte über die Unmöglichkeit einer Freiberuflichkeit grob angegangen. Der Mann habe sie angeblich am Mantel gepackt und durch die Bürotüre auf einen Kopierer geschubst.

Was der Ordnungsamtsmitarbeiter damals nicht wusste: Bei der Frau handelte es sich um die Lebensgefährtin seines Chefs, des Ordnungsdezernenten Jan Welzel. Was folgte, ist in der Zwischenzeit hinlänglich bekannt: Die Frau reichte eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Mitarbeiter ein. Dieser wurde nach darauf folgenden Abmahnungen in den Keller der Ausländerbehörde versetzt. Seine Klagen vor dem Arbeitsgericht waren allerdings erfolgreich, am Ende einigte man sich auf die Weiterbeschäftigung am angestammten Arbeitsplatz.

Dazu allerdings sei es nicht gekommen, wie der Mitarbeiter jetzt im Zeugenstand einräumte. In einem Kellerbüro, ohne Namensschild an der Türe und ohne seine angestammte Telefonnummer habe man ihn dazu auch noch von den üblichen Amtstätigkeiten ferngehalten. Kurz vor seiner Pensionierung sei er dann freigestellt worden bis zum 15. Oktober 2018. An seinem letzten Tag habe man ihn nachmittags angerufen und ihm mitgeteilt: „Du kannst jetzt nach Hause gehen“. Nach 25 Jahren beim Ordnungsamt. „Ohne Gruß, ohne Verabschiedung. Ich musste mich wegschleichen“, erinnert sich der Zeuge.

Die Kundin von damals hatte er da schon wegen falscher Verdächtigung angezeigt, und auch in der Berufungsverhandlung bekräftigte der Ordnungsamtsmitarbeiter seine Aussage: „Ich habe sie gebeten das Büro zu verlassen. Und nachdem sie sich geweigert hat, habe ich sie vor die Türe geschoben.“ Die Frau habe sich zuvor uneinsichtig gezeigt und sich – trotz mehrmaliger Aufforderungen, den Raum nun zu verlassen – hinter den Schreibtisch einer zu diesem Zeitpunkt abwesenden Mitarbeiterin gestellt.

Nach eigener Aussage fühlte sich die Lebensgefährtin des Ordnungsdezernenten von dessen Mitarbeiter bedroht – und als gebürtige Polin, die keinen akademischen Titel habe vorweisen können, zugleich auch erniedrigt.

Fortsetzung Ursprünglich war gestern mit einem Urteil im Berufungsprozess gerechnet worden. Da nun aber noch weitere Zeugen gehört werden sollen, gibt es am kommenden Dienstag, 24. September, erst einmal einen Fortsetzungstermin.

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