Zeugen aus Schwarzwald sagen aus Offene Fragen im Dienstreisen-Prozess

SOLINGEN/WUPPERTAL · Zwei Zeugen aus dem Schwarzwald sagten vor dem Landgericht aus.

„Das Ende einer Dienstfahrt wird für einen Solinger Unternehmen zum Super-GAU“ – war das schon das Fazit nach dem letzten Verhandlungstag vor dem Wuppertaler Landgericht, so wurde es nun bei der Fortsetzung eher noch schlimmer als besser.

Dass bei Dienstreisen schon mal über die Strenge geschlagen wird, dürfte nichts Neues sein. Und so schlimm wie die Geschichte eines Versicherungsunternehmens, das einst Mitarbeiter mit Lustreisen belohnte, war es auch nicht. Aber dass nun vor Gericht pingelig zusammengerechnet wurde, was sich ein ehemaliger Abteilungsleiter und ein ebenfalls gekündigter Mechaniker hinter die sprichwörtliche „Binde gegossen“ haben sollen, will vermutlich kein Firmenchef lesen oder hören.

Hier allerdings ging an einer peniblen Auflistung der konsumierten Alkoholika kein Weg vorbei. Hatte doch die Dienstfahrt in den Schwarzwald für die beiden Männer in einem Doppelbett geendet – und mit einer Anzeige des einen gegen den Anderen wegen Vergewaltigung. Am Schluss hatte die erstinstanzliche Verurteilung des Abteilungsleiters zu zwei Jahren und vier Monaten gestanden. Der Bundesgerichtshof hatte der Revision stattgegeben, und nun wird die Sache erneut verhandelt. Wer wie viel getrunken hat und in welchem Maße das Erinnerungsvermögen möglicherweise getrübt sein könnte: Das ist nun jedenfalls eine der zentralen Fragen beim Wiederaufnahmeverfahren.

Geladen waren dafür am mittlerweile vierten Verhandlungstag zwei Zeugen aus dem Schwarzwald, um sich sechs Jahre später an besagten Abend im April 2013 zu erinnern. Das gelang dem Geschäftskunden, dessen Einladung die beiden Solinger damals gefolgt waren, noch erstaunlich gut. Nach einer Betriebsbesichtigung sei man gemeinsam im Restaurant gewesen, die Gäste hätten reichlich Wein und Weizenbier getrunken. So zumindest stand es auf der Verzehrquittung, die der Zeuge dank buchhalterischer Sorgfalt vorlegen konnte. Ein Absacker für alle soll noch dazugekommen sein – auf der Rechnung hatte der nicht gestanden.

Am Ende des feuchtfröhlichen Beisammenseins habe er den Jüngeren seiner beiden Gäste als deutlich angetrunken und distanzlos erlebt. Dieser habe ständig mit seinem Fachwissen geprahlt, das sei ihm schon fast unangenehm gewesen. Nachdem der 28-Jährige und auch dessen Abteilungsleiter schon zuvor in der Hotelbar ein Bier getrunken haben wollten, kamen auf der Strichliste nun also noch ein paar Promille hinzu.

Weiter ging es in einer Sportsbar und am Ende nochmals in der Hotellobby. Dort soll der Abteilungsleiter dem Mechaniker laut Anklage den Zimmerschlüssel aus der Jackentasche genommen haben, um ihn zur gemeinsamen Übernachtung im eigenen Zimmer zu zwingen. Dessen angebliche Schlüsselsuche hätte allerdings nicht unbemerkt bleiben können. Sagte doch im Zeugenstand auch noch eine Hotelangestellte aus, die damals diensthabend die allabendliche Abrechnung gemacht hatte. Ihr hätte nach eigenem Bekunden ein seinen Schlüssel suchend durchs Restaurant irrender Gast auffallen müssen – jedoch könne sie sich an nichts dergleichen erinnern.

Einvernehmlicher Sex oder sexueller Missbrauch: Zu dem, was im Hotelzimmer abgelaufen sein soll, gibt es zwei Versionen der Geschichte und eine Anklage, von der man nicht weiß, ob sie am Ende des Prozesses noch wird zu halten sein.

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