Solingen Siedler packen seit 80 Jahren gemeinsam in Eigenarbeit mit an

Solingen · Am Anfang waren Not und Armut. Als die Reichregierung 1931 das selbstorganisierte Siedeln erlaubte, wollte sie Wohnungs- und Erwerbslosen ermöglichen, in Eigenarbeit einfachen Wohnraum zu schaffen.

1935 schlossen sich die bis dahin im Reichsbund der Kleingärtner und Kleinsiedler Organisierten im Deutschen Siedlerbund zusammen. Auch der Kreisverband Solingen gründete sich in diesem Jahr. Das heißt: 2015, in diesen Tagen, feiert der Kreisverband sein 80-jähriges Bestehen. Seit 2006 firmiert er unter dem Namen "Verband Wohneigentum".

Die Siedler schlossen sich in den 30er Jahren zu Siedlergemeinschaften zusammen und errichteten alle Häuser einer neu gegründeten Siedlung vom Keller bis zum Dach gemeinsam in Eigenarbeit. Die Grundstücke stellten die Stadt oder große Unternehmen als Erbpacht zur Verfügung. Die Pachtverträge liefen zumeist über 99 Jahre, und die Grundstücke blieben im Besitz des Eigentümers. Vor allem die in den 30er Jahren erbauten Häuser erhielten zum Teil über 1000 Quadratmeter große Grundstücke. Die Siedler sollten darauf Nutztiere halten und sich selbst mit Obst und Gemüse versorgen.

Die meisten Siedlergemeinschaften in Solingen stammen aus der Frühzeit des Verbandes. Die Siedlungen Bussche-Kessel-Weg (Ohligs), Mohrenkamp und Heiliger Born (beide Gräfrath) entstanden schon vor 1935. Noch in den 1930er Jahren folgten Theodor-Storm-Weg (Ohligs), Rolsberg, Deusberg (beide Wald), Ringelshäuschen (Gräfrath) und Brühler Berg (Höhscheid). In der Nachkriegszeit entstanden die Siedlungen Maubes (Ohligs), Altenhof (Wald) und Abteiweg (Gräfrath). Die letzte Siedlergemeinschaft gründete sich 1978 am Eipaß in Gräfrath. "Man darf den Wohnwert dieser Häuser nicht unterschätzen", sagt Vorstandsmitglied Udo de le Roi. Denn zumeist entstanden die Siedlungen in Randlagen auf der grünen Wiese.

Heute entstehen in Solingen keine neuen gemeinschaftlichen Siedlungen mehr. Die Mitglieder des Kreisverbandes profitieren aber für einen geringen Mitgliedsbeitrag unter anderem von einer Grundstückshaftpflichtversicherung und einer Rechtsschutzversicherung. 400 Mitglieder zählt der Kreisverband aktuell. Und die Entwicklung ist gegenwärtig stabil, wie Udo de le Roi betont. Der Landesverband Nordrhein-Westfalen ist 138.000 Mitglieder stark, und bundesweit gehören 350.000 Hauseigentümer dem Verband an. Dadurch ist er auch eine einflussreiche Interessenvertretung.

Momentan gehören nur wenige jüngere Mitglieder dem Kreisverband an. "Es ist schwierig, junge Leute dafür zu interessieren, weil die Vorstellung von Vereinsmeierei eventuell abschreckt", sagt Vorstandsmitglied Klaus Richartz. Dabei pflegt der Kreisverband weniger das intensive Vereinsleben, sondern sieht sich eher als lockerer Zusammenschluss. Eines aber hat sich über die Jahrzehnte erhalten, betont Udo de le Roi: "Die handwerkliche Nachbarschaftshilfe ist immer noch weit verbreitet."

(RP)
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