Solingen Sicher durch den Straßenverkehr

Solingen · Die Polizei zeigt Menschen mit Behinderung regelmäßig, wie sie sich im Straßenverkehr richtig verhalten. Für die Bewohner der Behinderten-Heimstätte-Solingen bedeutet das ein Stück Freiheit. Sie können so etwa alleine ins Kino.

Judith Dürr ist die Letzte, aber Ulli Schmidt weiß, dass sich das gleich ändern wird. Der Verkehrssicherheitsberater behält Recht. Schon nach wenigen Metern hat die junge Frau den Rest der Gruppe überholt, mit strammen Schritten schiebt sie ihren Rollator die Friedrich-Ebert-Straße entlang, immer weiter vom Wohnhaus der Behinderten-Heimstätte Solingen weg. Dann bremst sie abrupt ab. "Achtung, Einfahrt", ruft sie den anderen zu. "Gut gemacht, Judith", sagt Ulli Schmidt.

Der Polizist übt regelmäßig mit Menschen mit Behinderung das richtige Verhalten im Verkehr. Judith Dürr und er kennen sich schon lange. "Ulli hat auch schon mal einen Kurs in meiner Werkstatt gemacht", sagt sie. "Es geht darum, Mobilität zu erhalten", sagt der Polizist. Einige der Bewohner gehen selbstständig einkaufen, fahren ins Kino oder zu Chorproben. Es sei daher wichtig, dass die Gruppe lerne, sich im Straßenverkehr richtig zu verhalten, sagt Ulli Schmidt, denn nicht immer nehmen die anderen Verkehrsteilnehmer Rücksicht: "Manche Menschen bremsen vielleicht eher, wenn sie die Behinderung erkennen", sagt Ulli Schmidt. Doch nicht jeder Mensch mit Behinderung sitzt im Rollstuhl - oder hat wie Judith Dürr einen Rollator.

Daher lernen die Teilnehmer des Trainings, richtig über die Straße zu gehen und auf den Verkehr zu achten. "Einige der Bewohner sind sehr aufmerksam und übernehmen auch für andere Verantwortung", sagt Betreuerin Renate Dworski. So wie Faye Butz. Sie war früher an der Schule sogar Schülerlotsin.

Im Straßenverkehr kennt sich die 32-Jährige gut aus. Ihr Vater war bis zu seinem Ruhestand Polizist. "Meine Eltern haben mir schon früh alles beigebracht", sagt sie. Im Straßenverkehr gebe es daher keine Probleme. Faye Butz geht alleine Einkaufen, fährt mit dem Bus ins Kino oder zu ihren Eltern ins benachbarte Hilden. "Ich bin sehr selbstständig." Bei den Übungen geht sie sicheren Schrittes über die Straße. Ulli Schmidt nickt zufrieden.

Andere Bewohner tun sich schwerer. Sie kosten die Übungen Überwindung. Sie bleiben sonst lieber in der sicheren Umgebung des Wohnhauses. "Manche sind unsicher und trauen sich nicht", sagt Renate Dworski. Auch das Alter spiele dabei eine Rolle: Mancher, der vor zwei Jahren noch ein sicherer Fußgänger gewesen sei, schaffe einige Wege nun nicht mehr so leicht. "So ist das eben im Alter", sagt Polizist Schmidt. Für die Betreuer sei es wichtig zu wissen, wie sich die Teilnehmer im Straßenverkehr verhalten - immerhin tragen sie auch die Verantwortung. In den Außengruppen der Behinderten-Heimstätte Solingen führen sie daher auch selbst regelmäßig Trainings durch.

Dann wendet sich Schmidt wieder der Gruppe zu und bespricht, welche Seite des Bürgersteigs sicherer ist. "Innen", sagt Monika Ester leise. Sie sei eine von denen, die auch auf die anderen aufpasst, sagen ihre Betreuerinnen. "Innen", ruft auch Judith laut. Sie hilft den anderen auch - indem sie lautstark klatscht und sie anfeuert. Es habe viele Vorteile, wenn man alleine unterwegs sein kann, sagt Faye Butz: "Früher in der Schule durfte ich deshalb immer früher los - und die anderen mussten warten."

(RP)
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