Solingen Seite an Seite gegen das Land

Solingen · Rund 700 Beschäftigte des Konzerns Stadt Solingen protestierten gestern gegen die geplante Neugestaltung der Gemeindeordnung NRW – insbesondere gegen die Neufassung des Paragraphen 107. Der soll die wirtschaftliche Betätigung kommunaler Unternehmen einschränken.

Das kommt nicht oft vor: Seite an Seite demonstrierten und protestierten gestern Mittag Arbeitgeber und Arbeitnehmer des Konzerns Stadt Solingen gegen die von der schwarz-gelben Landesregierung geplante Änderung des § 107 der Gemeindeordnung NRW. „Wir hoffen , dass unser Protest Erfolg hat, wir stehen an der Seite der Beschäftigten“, erklärte Stadtkämmerer Ernst Schneider im Foyer des Theaters. Von dort aus zogen rund 700 Demonstranten über die Konrad-Adenauer-Straße zum Alten Markt .

Setzt das Land die Neugestaltung der Gemeindeordnung durch, dann dürfen sich Kommunen künftig nur dann wirtschaftlich betätigen, wenn „ein dringender öffentlicher Zweck vorliegt und dieser durch andere Unternehmen nicht ebenso gut und wirtschaftlich erfüllt werden kann“. „Die Handlungsfähigkeit der Kommunen wird dadurch massiv beschnitten. Wir müssen unsere Landtagsabgeordneten überzeugen, diesen Weg nicht mitzugehen, denn dieser Weg ist schlecht für alle – mit Ausnahme der Großkonzerne“, erklärte Dezernent Ralf Weeke. Der komplette Verwaltungsvorstand, versicherte er, lehnt eine Verschärfung des § 107 deshalb ab.

Über Solingen hinaus gab es gestern in zahlreichen Städten außerordentliche Betriebsversammlungen nach der Großdemonstration am 7. März in Düsseldorf. „Die Wettbewerbsfähigkeit der Kommunen wird eingeschränkt“, befürchtet der Betriebsratsvorsitzende der Stadtwerke, Jan Plaskocinski, „deshalb Finger weg vom § 107 der Gemeindeordnung“, so seine Forderung. Höhere Energiepreise oder auch massive Einschränkungen im ÖPNV könnten die Folge sein. „Das Überleben der kommunalen Unternehmen ist auch wichtig für das Überleben des Handwerks vor Ort“, ergänzte Stadtwerke-Geschäftsführer Dr. Christian Becker. Der Vorsitzende des Gesamtpersonalrates der Stadt, Jürgen Glanz, sieht noch mehr Ungemach auf die städtischen Beschäftigten zukommen. Dann nämlich, wenn über das Landespersonalvertretungsgesetz massiv Mitbestimmungsrechte beschnitten werden. „Dagegen wehren wir uns auch“, sagte Jürgen Glanz. Er ist gleichzeitig auch Vorsitzender der Personalrates des (noch) Städtischen Klinikums.

„Privat vor Staat“ – unter diesem Motto will die nordrhein-westfälische Landesregierung die Gemeindeordnung neu gestalten. „Es geht um den Erhalt der öffentlichen Daseinsvorsorge, das müssen wir der Politik deutlich machen“, erklärte Verdi-Geschäftsführer Jürgen Krause auf dem Alten Markt. Sollten da Gespräche nicht helfen, „dann müssen wir auf die Straße gehen“. Für den Gewerkschafter ist klar: „Unternehmen, auch kommunale, die sich nicht mehr dem Markt anpassen können, die gehen kaputt.“ Und damit Arbeitsplätze.

(RP)
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