Solingen Schwimmer auf Trockenem

Solingen · Jahrelang traf sich eine Seniorengruppe im Hallenbad Vogelsang zum Schwimmen und zum Klönen. Macht das Bad 2012 wie geplant zu, fällt der Treff weg. Wer kann, weicht schon heute in Nachbarstädte aus.

Die Giftliste Solingens 2010
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Wann genau Marta Dally zum ersten Mal im Hallenbad Vogelsang schwimmen gegangen ist, das kann die Solingerin beim besten Willen nicht mehr sagen. "Vielleicht ist es zehn Jahre her oder auch zwölf", überlegt die Frau. Ist aber eigentlich auch egal, denn wichtig ist vor allem, dass das Bad an der Focher Straße in Wald so etwas ist wie ihre Tür in die Welt nach draußen.

Zwei Mal pro Woche trifft sich die Seniorin mit einer Gruppe von an die 30 Personen im Hallenbad. Und für Marta Dally sind diese Stunden weit mehr als einfach nur eine kleine sportliche Ablenkung, um sich fit zu halten. "Wir gehen nach der Wassergymnastik immer noch in die Cafeteria", erzählt die Rentnerin, die zuhause ihren kranken Mann pflegen muss.

"Stadt wird immer unattraktiver"

Im Augenblick schwimmt sie aber nicht — denn noch bis Ende März laufen die Sanierungsarbeiten an der Dachkonstruktion des Hallenbades. Doch auch wenn dann endlich nach wochenlanger Pause das 25-Meterbecken wieder nutzbar ist, dürfte bei Marta Dally und ihren Freunden kaum Zufriedenheit aufkommen.

Die Nachricht, dass die Stadt im Zuge der vergangene Woche vorgestellten Sparvorschläge ab 2012 das Hallenbad aus den 70er-Jahren für immer schließen will, schlug in der Seniorengruppe zuerst wie eine Bombe ein — und inzwischen hohe Wellen. "So schafft man es Schritt für Schritt, die Stadt unattraktiver zu machen", meint zum Beispiel Dieter Jürgens.

Es ist jetzt kurz vor elf am Morgen, die Rentner haben sich, nicht wie üblich in der Cafeteria des Vogelsang, sondern in einem Café in der Innenstadt getroffen. Es ist ein eher grauer Tag, und genauso grau erscheint den meisten in der Gruppe die Zukunft Solingens. Gerade in Bezug auf die Bäderpolitik der zurückliegenden Jahre, deren Folgen man an den Senioren selbst bestens studieren kann. Weil das Stammbad Vogelsang eben im Augenblick nicht nutzbar ist, sind einige in der Gruppe nach Leichlingen ausgewichen. Und werden dort wohl auch langfristig bleiben. "Das Geld geht dann eben in die Nachbarstädte", erklärt Dieter Jürgens, der eine Stunde vorher in der Blütenstadt noch seine Bahnen durch das Nass zog.

Dabei sieht die Schwimmgruppe durchaus die Notwendigkeit des Sparens ein. "Es ist uns auch klar, dass es nicht mehr so weiter gehen konnte", sagt zm Beispiel Rosi Neuhaus. Was aber stört, ist das ständige Hin und Her in der Bäderfrage. Bis Anfang vergangenen Jahres planten die Verantwortlichen mit einem Kombibad irgendwo im Westen der Stadt noch den ganz großen Wurf. Doch nachdem der damalige SPD-Oberbürgermeister-kandidat Dr. Hans-Joachim Müller-Stöver schließlich wegen zu hoher Kosten die Notbremse zog und seine Partei aus dem Vorhaben ausstieg, tut sich im Westen nichts Neues.

Keine Hoffnung auf Rettung

Und anderswo nach Ansicht der Hobbyschwimmer zu wenig beziehungsweise das Falsche. Ein Wellness-Bad im alten Birkerbad unter Regie der Lebenshilfe? Noch ist nichts in trockenen Tüchern! Und jetzt soll auch noch Vogelsang geschlossen werden — für Marta Dally ein schwerer Schlag. Denn die Solingerin besitzt kein eigenes Auto, ist also darauf angewiesen, dass es in der Klingenstadt selbst noch ausreichend Schwimmgelegenheiten gibt.

Doch im Vogelsang, da ist sich die Gruppe einig, wird das bald nicht mehr sein. "Das Bad wird sicher geschlossen", meint Dieter Jürgens, der wie die anderen darum aber auch nur schwer einsehen mag, dass jetzt noch einmal rund 240 000 Euro an der Focher Straße verbaut werden.

(RP)
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