Solingen Schwarzfahrer muss ins Gefängnis

Solingen · Aufgrund schlechter Sozialprognose: Zwei Monate Freiheitsentzug.

Nach zehn Jahren war die Geduld der Justiz endgültig am Ende. Zwei Monate Freiheitsentzug: So lautete das Urteil gegen einen mittlerweile in Haan lebenden Solinger, der in diesem Zeitraum vier Bewährungsstrafen bekommen hatte. Er hätte gerne auch noch die fünfte Verurteilung vom April zur Bewährung ausgesetzt bekommen und war gegen die vom Mettmanner Amtsgericht verhängte Freiheitsstrafe in Berufung gegangen. Der Berufungsrichter ließ jedoch nicht mit sich reden: "Sie sind mehr als 20 Mal einschlägig vorbestraft und die Sozialprognose ist schlecht. Wir können hier nichts für Sie tun."

Aber was war es überhaupt, dass den Mann nun hinter Schloss und Riegel bringen wird ? Erschleichen von Leistungen, in diesem Fall schlicht: Schwarzfahren. Und dass nicht nur einmal, sondern immer wieder. Besagte 20 Anzeigen waren in den vergangenen Jahren von diversen Gerichten abgearbeitet worden. Hinzu kamen etliche Verfehlungen, die nicht zur Anzeige kamen. Wie oft der Angeklagte wirklich ohne Ticket unterwegs war, weiß nur er selbst. Nachdem er auf Drängen des Richters und auch seiner Bewährungshelferin seine wenig erfolgversprechende Berufung vor dem Wuppertaler Landgericht zurückgenommen hatte, stieg er jedenfalls schnurstracks in die Schwebebahn. Mit Ticket ? Fraglich.

Zuvor hatte er noch händeringend versucht, die Freiheitsstrafe abzuwenden. Er sei in psychiatrischer Behandlung, wolle eine stationäre Therapie machen und habe dafür auch schon einen Termin. Da komme das mit dem Gefängnis gänzlich unpassend. Ob man denn nicht einige der anderen Bewährungsstrafen zu dieser Sache hinzuziehen können, um ihm dann zu erlauben, dass alles in einer sozialtherapeutischen Einrichtung abzusitzen? Der Richter blieb hart, der Angeklagte hat seine Haftstrafe anzutreten. "Es ist nicht die Aufgabe des Gerichts, ihr Leben in Ordnung zu bringen", ließ der Richter den Angeklagten wissen, gegen den auch noch weitere Verfahren wegen des gleichen Delikts laufen.

Für die Justiz sind derart notorische Schwarzfahrer eine Belastung. Zwar werden sie nur selten zu Freiheitsstrafen verurteilt. Sie landen aber dennoch in Haft, weil sie die Geldstrafen nicht bezahlen können. Hartz IV-Empfängern werden dann pro Hafttag zehn Euro Strafe erlassen, dafür kostet ihre Unterbringung den Steuerzahler jeden Tag bis zu 150 Euro. "Es gibt eine nennenswerte Anzahl an Verfahren vor allem bei den Amtsgerichten, aber auch hier beim Landgericht", weiß Pressesprecher Arnim Kolat. Seitens der Landesregierung gebe es bereits Überlegungen, das Schwarzfahren zu entkriminalisieren.

(mag)
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