Solingen Schüler-Mobbing im Netz - Polizei warnt

Solingen · Nach dem Morgenpost-Bericht über heimlich aufgenommene Fotos einer Schülerin im Netz diskutieren Lehrer, Eltern, Politiker und Polizei über das Problem. Das Gymnasium Vogelsang erwägt ein Smartphone-Verbot auf Klassenfahrten.

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Foto: afp, JOHN MACDOUGALL

Die Experten sind alarmiert. Bei der Polizei gehen die zuständigen Beamten davon aus, dass die Zahl der Fälle von sogenanntem Cybermobbing auch in Solingen in Zukunft weiter in die Höhe schnellen wird. "Das wird ein immer größeres Problem", sagte gestern ein Polizeisprecher.

Ende vergangener Woche war bekannt geworden, dass Schüler einer Solinger Schule einem Mädchen in einer Umkleidekabine aufgelauert und heimlich Fotos geschossen hatten. Später tauchten die Bilder dann mit ehrverletzenden Kommentaren im sozialen Netzwerk Facebook auf, so dass sich die betroffene Schule entschloss, die Benutzung von Handys auf dem gesamten Schulgelände zu untersagen.

Vor allem Smartphones bereiten zunehmend Sorgen. Diese modernen Handys taugen schon lange nicht mehr nur zum Telefonieren. Vielmehr ist es mit solchen Geräten sehr einfach, gerade erst aufgenommene Bilder ins Internet hochzuladen — und so andere Menschen bloßzustellen.

Aus diesem Grund reagierte das Schulzentrum Vogelsang schon vor einigen Jahren. Sowohl die Gymnasiasten als auch die Realschüler dürfen im Vogelsanger Schulzentrum keine Smartphones nutzen. Regel ist: Schüler müssen diese ausschalten und im Tornister lassen.

Dabei gibt es inzwischen noch weitergehende Überlegungen. So ist es möglich, dass das Smartphone-Verbot demnächst auch bei Klassenfahrten gilt. "Wir diskutieren diese Frage", sagte gestern Stephan Mertens, Schulleiter des Gymnasiums Vogelsang. Derzeit wird über die Eltern der Schulpflegschaft, die Schüler in der SV und die Lehrerkonferenz ein breites Meinungsbild eingeholt.

Die Polizei sieht ein striktes Verbot an Schulen indes skeptisch. Es liege zwar im Ermessen der jeweiligen Schule beziehungsweise der Stadt und der Bezirksregierung, Smartphones zu untersagen. "Doch es dürfte schwierig sein, ein solches Verbot zu kontrollieren", hieß es am Montag bei der Polizei.

Ähnliche Bedenken bestehen in der Solinger Politik. Zum einen handele es sich um eine "innere Schulangelegenheit", stellte beispielsweise der Schulausschuss-Vorsitzende Markus Preuß (SPD) klar. Und zum zweiten erzeugten Verbote meist das Gegenteil von dem, das sie erreichen wollten. Klare Regeln für die Nutzung von Handys seien besser, so Preuß.

Die Solinger CDU beurteilte ein generelles Verbot gestern ebenfalls zurückhaltend. Der richtige Weg sei es, Schüler über Gefahren zu informieren, die durch Mobbing entstehen könnten, sagten Fraktionschef Bernd Krebs und Nicole Molinari als ehemalige schulpolitische Sprecherin der Fraktion.

Auch die Polizei setzt auf Aufklärung. "Wir stehen mit den Schulen in Kontakt", sagte der Polizeisprecher. Werden an einer Schule Mobbing-Probleme bekannt, kommen die zuständigen Beamten zum Beispiel zu Elternabenden. Darüber hinaus finden betroffene Schüler immer ein offenes Ohr bei den Bezirksbeamten vor Ort.

Bagatellisieren will die Polizei Cybermobbing auf keinen Fall. Würden Straftaten bekannt, leiteten die Beamten stets ein Ermittlungsverfahren ein, sagte der Sprecher. Denn immerhin seien die Folgen für die Opfer oft gravierend — ohne dass die Täter wüssten, was sie anrichteten. Das beobachtet auch Wolfgang Sinkwitz, Vorsitzender der Stadtschulpflegschaft. "Die Hemmschwelle, Bilder und Texte ins Netz zu stellen, ist gering. Häufig denken Schüler nicht an die Folgen", sagte Sinkwitz.

(RP)
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