Solingen Rolf Bossi hat sein Urteil schon gefällt

Solingen · Er sagt, das Beweisergebnis ist für ihn ohne Bedeutung. Wenn es nach Verteidiger Rolf Bossi ginge, würde sich die Schwurgerichtskammer am Landgericht eine weitere Beweisaufnahme im Mordprozess gegen den 45-jährigen Yakup S. ersparen. Der Münchener Staranwalt, der schon so manchen Prominenten verteidigt hat, will auf Totschlag in einem minderschweren Fall hinaus, begangen in einem Zustand verminderter Schuldfähigkeit.

Die begründet der 84-jährige Strafverteidiger mit dem Alkoholgenuss vor der Tat am frühen Morgen des 21. März und mit einem "hochgradigen Affektzustand", in dem sich sein Mandant befunden habe. Seine Frau habe ihn provoziert und gedemütigt, außerdem habe er Angst haben müssen, dass sie ihn mit dem Auto überfährt.

Zeugen hingegen schildern übereinstimmend ein anderes Bild von dem Angeklagten, der seine Lebensgefährtin mit einem Kopfschuss tötete. Was den Alkoholkonsum angeht, wurden gestern am dritten Prozesstag die entsprechenden Gutachten verlesen. Danach hatte Yakup S. bei der für ihn günstigsten Rückrechnung zur Tatzeit 1,42 Promille Alkohol im Blut. Bei der Blutprobenentnahme gegen 11 Uhr vormittags waren es 0,55 Promille. Auf den Polizeiarzt machte S. einen "unauffälligen, keineswegs betrunkenen" Eindruck.

Unauffällig, so haben ihn auch die übrigen Zeugen am Vormittag des 21. März auf der Hacketäuerstraße und später bei der Polizei erlebt. Ruhig, ein wenig abwesend, in sich gekehrt, so schilderten ihn die Polizisten, die als erste am Tatort waren, einer sprach von "auffälliger Unauffälligkeit". Bei der Fahrt zum Polizeipräsidium sei über Funk die Meldung gekommen, dass das Opfer die Schussverletzung vermutlich nicht überleben werde. Da habe S. gebeten, die Funk auszuschalten mit den Worten: "Ich will nicht hören, was ich getan habe."

"Er wusste, was wir machen"

Als die Freundin des Angeklagten im Klinikum starb, wurde er selbst gerade vom Erkennungsdienst behandelt. Dort soll er nach Zeugenaussagen immer wieder nach einer Blutprobe verlangt haben und später auch nach einem Anwalt. Nach seinem Opfer habe er sich nicht erkundigt.

"Er wirkte, als schaue er jeden Tag im Fernsehen CSI, er wusste genau, was wir mit ihm machen und wofür das wichtig sein kann", sagte gestern ein 55-jähriger Kriminalbeamter im Zeugenstand.

(RP)
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