Solingen Private behalten Hintertürchen
Solingen · Als äußerst unfair empfindet es der Vorstandsvorsitzende der Stadt-Sparkasse, Lothar Heinemann, dass das neue Sparkassengesetz die Veröffentlichung von Vorstandsgehältern vorschreibt.
Das neue Sparkassengesetz ist von CDU und FDP im Düsseldorfer Landtag beschlossen worden. Kommunen, Gewerkschaften sowie unter anderem SPD und Grüne liefen im Vorfeld Sturm gegen das neue Gesetz. Das führte immerhin in einigen Punkten zu Veränderungen. Lothar Heinemann, Vorsitzender des Vorstandes der Solinger Stadt-Sparkasse, sieht dennoch ein Einfallstor für Privatisierung.
Sie befürchteten im Vorfeld, dass das neue Gesetz die Tür zur Privatisierung der Sparkassen öffnet. Ist diese Tür zugeschlagen worden?
Heinemann Die Tür ist nach wie vor auf, weil ein wesentlicher Punkt im Sparkassengesetz geblieben ist, und zwar das so genannte nicht handelbare Trägerkapital. Es ist zu befürchten, dass interessierte Wettbewerber diese Formulierung beim Europäischen Gerichtshof überprüfen lassen und angreifen. Im Ergebnis könnte das dazu führen, dass dieser Teil vom Europäischen Gerichtshof als Einschränkung des Wettbewerbs gesehen wird mit der Konsequenz, dass ein Verkauf von Sparkassen möglich ist. Hier sehe ich nach wie vor ein Einfallstor für Privatisierung.
Welche Auswirkungen hat das Sparkassengesetz für die Kunden?
Heinemann Zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine. Durch das neue Gesetz sollten auch die rechtlichen Fundamente neu geordnet und die Eigentümerposition stärker festgestellt werden. Mit Blick auf das Einfallstor Privatisierung wären aber auch die Bürger beziehungsweise Sparkassen-Kunden langfristig betroffen. Es könnte dann eine andere Geschäftspolitik verfolgt werden, das Geschäftsstellennetz ausgedünnt oder unter Umständen eine andere Spenden- und Kreditpolitik geben.
Bestand Handlungsbedarf hinsichtlich Modernisierung und Wettbewerbsfähigkeit des Sparkassenwesens – auch mit Blick auf die Finanzkrise?
Heinemann Wir haben immer gesagt, das Sparkassengesetz muss nicht verändert werden. Lediglich eine Passage im neuen Gesetz findet meine Zustimmung. Und zwar die, dass die Sparkassen nicht als Vermögenswert im so genannten Neuen Kommunalen Finanzmanagement aufgenommen werden. Das hätten die Kämmerer gerne gehabt, das ist aber nicht beschlossen worden. In dieser rechtlichen Klarstellung sehe ich einen Vorteil für die Sparkassen.
Ist die Beteiligung Dritter an den Sparkassen ausgeschlossen?
Heinemann Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ja. Zunächst müsste die Stadt ohnehin einen Beschluss fassen über die Einführung des nicht handelbaren Trägerkapitals. Das sehe ich im Moment nicht.
Wie sieht es künftig mit der Verteilung der Gewinne der Solinger Sparkasse aus? Werden nach wie vor gemeinnützige Einrichtungen unterstützt, oder hält auch die chronisch finanzschwache Stadt die Hand auf?
Heinemann Zwei Dinge müssen unterschieden werden: Zunächst wie viel vom Jahresüberschuss ausgeschüttet wird, und dann: wofür. Beim ersten Punkt war das im bisherigen Sparkassenrecht reglementiert in Bezug auf die Eigenkapitalquote. In Zukunft ist der Eigentümer Stadt frei zu entscheiden, wie viel vom Jahresüberschuss ausgeschüttet wird. Unter Berücksichtigung natürlich der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auch mit Blick auf die Zukunft. Damit kann man leben. Kein Eigentümer wird ein Interesse daran haben, einen zu großen Anteil des Jahresüberschusses auszuschütten und damit die Kreditversorgung des Mittelstandes zu gefährden. Geändert hat sich zudem, dass künftig nicht nur gemeinnützige Einrichtungen von Ausschüttungen profitieren können, sondern jetzt die Gemeinwohl-Orientierung gilt. Das ist nicht so eng gefasst.
Wer entscheidet über die Gewinnverwendung?
Heinemann Wie bisher der Eigentümer beziehungsweise der Stadtrat. Wobei in den vergangenen zwei Jahren das vom Stadtrat auf den Verwaltungsrat der Sparkasse delegiert worden ist. Daneben hat der Vorstand weiter die Möglichkeit, über Spenden zu entscheiden.
Das neue Gesetz schreibt auch vor, Bezüge der Vorstandsmitglieder individualisiert zu veröffentlichen. Wie finden Sie das?
Heinemann Wenn ein Gesetz über zwei Jahre verhandelt wird und dann in letzter Stunde dies mit aufgenommen wird, dann empfinde ich das als äußerst unfair. Datenschutz, Bankgeheimnis und Diskretion – das bleibt auf der Strecke, das macht mich deshalb nicht glücklich. Als Betroffener, bei dem schon vier Mal eingebrochen worden ist, muss ich mir dann zum Schutz auch meiner Familie überlegen, in die Anonymität einer Nachbarstadt umzuziehen.
Uwe Vetter führte das Gespräch mit Lothar Heinemann.