Solingen Porträts von Martina Hengsbach: In Gesichtern lesen

Solingen · Die Mühlheimer Malerin zeigt farbige Porträts in der Galerie SK in den Güterhallen. Eröffnung morgen um 15 Uhr.

Die Auseinandersetzung mit dem individuellen menschlichen Gesicht beschäftigt Martina Hengsbach bereits seit Beginn ihres Zweitstudiums an der Hochschule für Bildende Künste in Essen. Der Architektin geht es dabei nicht um glatte äußere Schönheit, sondern um den intensiven "Anblick", die Begegnung von Angesicht zu Angesicht, die eine unmittelbare gefühlsmäßige Nähe aufbaut. Das porträtierte Gesicht scheint dem Betrachter das Innerste der dargestellten Person zu spiegeln.

Dabei bedient sich Hengsbach einer subtilen Maltechnik, die grafische Strukturen mit Malerischem verbindet. Die meisten ihrer gezeigten Porträts sind eine Kombination aus locker-dynamischen Kohlestrichen und lebhaften Linienbündeln, die zur Akzentuierung besonders wichtiger Partien im Vorder- und Hintergrund mit Acryl- und Ölfarbe übermalt sind. Die differenzierte Farbigkeit, die die schwarze Zeichnung begleitet, wandelt die Stimmung des jeweiligen realistischen Abbilds zur spannungsgeladenen Aussage.

Sie zeigt in der aktuellen Ausstellung Porträts peruanischer, kubanischer und afrikanischer Frauen, denen sie auf ihren Reisen begegnet ist. Mithilfe der Fotografie hat sie sich ein großes Repertoire an Bildmaterial geschaffen, aus dem sie einfühlsam auswählt und dann in Malerei und Zeichnung übersetzt. Bemerkenswert hier die Profildarstellung einer älteren peruanischen Frau, die in ihrer kompositorischen Strenge und ihrer ausdrucksstarken Profillinie an Porträts der italienischen Frührenaissance erinnert.

Bei ihrer aktuellsten Serie, den lachenden Gesichtern im quadratischen Format, ist sie sehr nah an ihr Modell herangegangen. Der Anschnitt, fokussiert auf Augen und Mundpartie, intensiviert die Mimik, jeweils in unterschiedliche Farbigkeit getaucht. "Gegen die momentan eher negative gesellschaftliche Stimmung möchte ich hier einen Kontrapunkt setzen," erläutert die Künstlerin und ergänzt: "Die blaue melancholisch-verträumt Lachende ist übrigens ein Selbstporträt."

Vom aktuellen politischen und medialen Geschehen beeinflusst ist dagegen das kermitgrün gestaltete Trump-Porträt mit neonrotem collagierten Klebeband und die technisch perfekt inszenierten Porträts von Amy Winehouse und Christoph Schlingensief nach Internetstills, durch zufällige Stopps eingefrorene Szenenbilder. Bildverehrung und Bildzerstörung sind zwei Seiten der Medaille, wenn es um den kulturellen Umgang mit dem Porträt geht und sie belegen gleichzeitig, wie mächtig die Präsenz von Gesichtern in bildnerischen Darstellungen ist. "Ich bin keine Promi-Malerin, aber bei manchen Menschen habe ich das Bedürfnis, sie im Bild festzuhalten," sagt Hengsbach. Sie fordert den Betrachter auf, in den Gesichtern der von ihr dargestellten Personen zu lesen und Emotionen nachzuspüren. Nicht von ungefähr ist Psychologie ihr präferiertes Beschäftigungsfeld.

Die Ausstellung "Zwischenschritt" von Martina Hengsbach wird morgen um 15 Uhr in der Galerie SK (Güterhallen) eröffnet.

(RP)
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