Solingen Politischer Spätstart mit Brandt im Herzen

Solingen · Mit 68 Jahren ist Monika Hugonin erstmals für die SPD in den Stadtrat gewählt worden. Ihre politische Karriere begann spät, doch sie wurde schon früh sozialdemokratisch geprägt.

Für Monika Hugonin war es ein außergewöhnlicher Abend im Oktober 1969. Schmunzelnd denkt sie an den Moment zurück, als eine Arbeitskollegin die Treppe des Hotels, in dem sie zu der Zeit beschäftigt war, hinunter schnellte und in voller Euphorie die Worte "Wir haben gewonnen" schrie. Willy Brandt war gerade zum vierten Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland gewählt worden.

Monika Hugonin freute sich mit ihrer Arbeitskollegin aus dem "Kohlenpott". Keine Selbstverständlichkeit - schließlich befand sich das Hotel, in dem die beiden arbeiteten, in Oberbayern. "Der Ort war so schwarz, da warf der Schornsteinfeger nachts noch Schatten", sagt die heute 68-Jährige scherzhaft.

Bei der vergangenen Kommunalwahl wurde Monika Hugonin - knapp 45 Jahre nach Willy Brandts Wahlerfolg - erstmals für die SPD in den Solinger Stadtrat gewählt. Eine neue Aufgabe für die Mutter zweier Söhne, die sich mit 40 Jahren zum ersten Mal politisch engagierte. Zuvor fehlte ihr schlichtweg die Zeit. Schließlich arbeitete sie seit ihrem 18. Lebensjahr im Hotel- und Gaststättengewerbe, was verbunden war mit zahlreichen Umzügen und Tapetenwechseln - nicht die besten Voraussetzungen, um ein politisches Amt zu bekleiden, auch wenn sie im Herzen schon immer Sozialdemokratin war, wie sie sagt.

Aus privaten Gründen kehrte sie 1986 nach Solingen zurück und nutzte die neue Sesshaftigkeit für ihr erstes sozialdemokratisches Engagement. Zunächst folgte Monika Hugonin einer Einladung zur Mitgliederversammlung des Ortsvereins Gräfrath. Es dauerte nicht lange, bis sie in den Ortsvereinsvorstand gewählt wurde. Gleichzeitig erhielt sie eine Einladung der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen Solingen (ASF) - heute ist sie dort Vorsitzende. "Dort habe ich mich von Anfang an sehr wohl gefühlt und sehe meine Interessen als Frau gut vertreten", sagt die gelernte Köchin.

Grund für ihre Kandidatur in Gräfrath - Mitte - Fürkeltrath war etwas, das der 68-Jährigen lange fehlte - die Zeit. "Ich bin Rentnerin und die Sitzungen sind tagsüber. Von daher hat das gut gepasst", sagt Monika Hugonin. Welche Aufgaben auf sie zukommen, das weiß das neue Ratsmitglied noch nicht genau. "Die Ausschüsse sind noch nicht festgelegt. Das dauert noch ein paar Tage." Einsetzen möchte sich Monika Hugonin jedoch für bezahlbaren Wohnraum für Jung und Alt in Gräfrath sowie für den öffentlichen Nahverkehr.

Besonders über den Erfolg "ihrer" SPD bei der vergangenen Kommunalwahl zeigt sich Monika Hugonin erfreut: "Ich hatte schon vor der Wahl ein gutes Gefühl. Aber das starke Abschneiden in manchen Stadtteilen war dann doch überraschend." Der hohen Anzahl unterschiedlicher Gruppierungen im neuen Stadtrat kann die Großmutter von drei Enkelkindern nichts Positives abgewinnen: "Dass so viele Randgruppen vertreten sind, ist schwierig und stimmt mich traurig."

(RP)
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