Solingen Neustart auf Schloss Burg

Solingen · Das Tourismuskonzept ist die große Chance für Schloss Burg. Dies ist bei der Sondersitzung des Schlossbauvereins greifbar geworden. Für Emotionen sorgte aber die Kündigung des "Schlossherrn" Kolodziej.

So manches denkwürdige Ereignis hat der alte Rittersaal von Schloss Burg gewiss schon erlebt. Ein weiteres ist jetzt hinzugekommen: Die erwartete emotionale Aussprache unter 150 Mitgliedern des Schlossbauvereins. "Unser Vertrauen in den Vorstand ist erschüttert", wundert sich ein verärgertes Mitglied, warum Schloss-Geschäftsführer Dr. Axel Kolodziej so überraschend vor die Tür gesetzt wird.

Mit Blick auf den Persönlichkeitsschutz des entlassenen "Schlossherrn" mahnt Vorsitzender Klaus-Dieter Schulz, keine genaueren Umstände der Trennung zu diskutieren. "In so einem großen Kreis ist die Vertraulichkeit nicht hergestellt."

Nach Kolodziej Kündigung waren Anschuldigungen gegen den Vorstand vorgebracht worden, die sogar bis zu anonymen Vorwürfen gegangen waren. Die außerordentliche Mitgliederversammlung sollte verloren gegangenes Vertrauen wieder aufbauen. Ein Anfang ist gemacht. Die in Aussicht stehende eine Million Euro EU-Fördermittel, um Schloss Burg touristisch neu auszurichten, sei eine Riesenchance zum Neustart, heißt es eindringlich. "Das müssen wir nutzen."

Gleichwohl ist dem Anfang Februar entlassenen Schloss-Geschäftsführer jetzt auch fristlos gekündigt worden. "Die Ordnungsgemäßheit der Geschäftsführung war nicht mehr gegeben. Das war und ist nicht mehr reparabel." Alles andere werde nun das Gericht entscheiden müssen, erklärt Ulrich Uibel, der Solingen als Anteilseigner von Schloss-Burg im Schlossbauverein vertritt. Kolodziej klagt gegen seine Entlassung. Der Arbeitsgerichtstermin mit ihm hätte eigentlich am 22. März stattfinden sollen. Er ist auf den 5. April verlegt worden, weil sein Anwalt offenbar im März verreist ist.

Holger Schödder, Schriftführer im Vorstand, erklärt, dass auch bei der fristlosen Kündigung jetzt keine strafrechtlich relevanten Vorwürfe gegen Kolodziej erhoben würden. Dieser sei ein hervorragender Historiker, doch bei der Geschäftsführung von Schloss Burg seien auch andere Fähigkeiten gefragt, heißt es. Der Geschäftsführer müsse einen Verein mit 20 Mitarbeitern führen. "Es reiche nicht aus, über den Schlosshof zu gehen und nett zu grüßen."

Deutlich wurde, dass der Schlossbauverein Kolodziej die finanziell prekäre Situation auf der Burg nicht ankreiden will. Nicht zuletzt die Schneemassen über Wochen zum Anfang und zum Ende des vergangenen Jahres hätten die Besucherzahlen nach unten gedrückt. "Schloss Burg lebt von den Veranstaltungen, nicht von der Dauerausstellung", betont Vorstands-Mitglied Uibel. Ende 2010 hatte man noch einen Jahresverlust von 30 000 Euro erwartet. Der Controller aus der Stadtverwaltung Solingen, der seit Wochen die Finanzen ordnet, hat nun jedoch ein Minus für das vergangene Jahr von 91 000 Euro zusammengetragen.

Derart prekär sei die Lage gewesen, dass Schloss Burg sogar vor der Insolvenz gestanden habe, berichtet der Vorstand. Weil die drei bergischen Städte die Zahlung ihrer Zuschüsse vorzogen, konnte die Zahlungsunfähigkeit abgewendet werden.

Gerd Schumacher, Burger Urgestein, appelliert an die Mitglieder, sich ehrenamtlich einzubringen.

Kontrovers diskutiert wird, wie weit sich Schloss Burg in Zukunft dem Event-Trend mit spektakulären Veranstaltungen öffnen darf. Einen Kurswechsel zum Vergnügungspark werden die Mitglieder jedoch nicht mittragen, ist vom Vorstand aber auch nicht gewollt. Tenor: "Wir wollen hier kein zweites Phantasialand." Die interessierte Zuhörerin Gisela Weih kann sich keineswegs vorstellen, dass ein Eventmanager, der bei Dieter Bohlen sein Handwerk gelernt hat, jemals der richtige für die Burg wäre.

Manches sei hier aber nicht mehr zeitgemäß, betont Oberbürgermeister Norbert Feith. Zusammen mit den drei bergischen Städten will der Schlossbauverein in den nächsten Monaten ein neues Zukunftskonzept erstellen und passend dazu erst anschließend einen neuen Geschäftsführer einstellen. Auch die Ideen der Mitglieder sind willkommen. Ihnen will der Vorstand alle Beschlüsse zukünftig sogleich mitteilen und wichtige Informationen per Internet schnell zukommen lassen. Für Dagmar Schmidt, die zum Kreis der Kritiker gehört, ist dies eine gute Idee: "Das ist der erste Schritt in die richtige Richtung zu mehr Transparenz."

(RP)
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