Solingen Neues Wohnen: Runter von grüner Wiese?

Solingen · Stadt kündigt Baulandkataster an und will Grundstücksbesitzer mit Entwicklern zusammenbringen.

Die Bevölkerung schrumpft/wächst/stagniert: Welche der Prognosen ist richtig? Richtig ist sicher, dass die Stadt noch mehr Neubürger anziehen könnte. Noch liegen die Immobilienpreise und Mieten unter denen an der Rheinschiene. "Zwei Drittel der konkreten Nachfragen kommen von Interessenten, die westlich von Solingen leben", berichtet Stadtdirektor Hartmut Hoferichter von den geplanten Neubauten am Hermann-Löns-Weg in Ohligs. Der Bebauungsplan für das alte Stadion ist einer von sieben aus dem Bereich Wohnen, den die Stadt zurzeit vorantreibt oder begleitet. Weitere stehen auf der Warteliste.

Bei einigen der sieben Vorhaben geht es um die grüne Wiese und um die Umsetzung alter Vorgaben - etwa an der Lützowstraße in Gräfrath und der Börsenstraße in Widdert. "Wir können aber nicht über Nachhaltigkeit reden und auch künftig auf die grüne Wiese gehen", gibt der Stadtdirektor eine neue Richtung vor: "Der nächste Flächennutzungsplan wird unter dem Gesichtspunkt integrierter Lagen stehen."

An der Börsenstraße passiert noch das Gegenteil: Zwischen Börsenstraße, Weckshof und Klingenpfad sollen 32 oder 33 Hauseinheiten errichtet werden. Erste Überlegungen von 2004 sahen 45 Gebäude vor. "H 667" ist einer der Fälle, in denen Dritte einen Bauplan initiieren. "Wenn es klappt, können wir in solchen Fällen die Hälfte der Arbeit durch externe Fachbüros erledigen lassen", erläutert Hoferichter. "Steuerung, Abstimmung und alle Formalia bleiben aber bei der Stadtverwaltung."

Hartnäckig, sagt Dr. Norbert Zimmermann, Geschäftsführer der Kissel-Gruppe, habe man die Widderter Planung vorangetrieben. "Mit diesem Baugebiet werden wir vor allem diejenigen ansprechen, die seit Jahren Grundstücke für eine hochwertige Bebauung mit Einfamilienhäusern suchen." Bei einigen Anliegern des Baugebiets regt sich aber Widerstand. "Es ist nicht unüblich, dass sich die Nachbarschaft gegen eine Bebauung in ihrer unmittelbaren Nähe wehrt", sagt Kerstin Mager-Stanowski, Stadtdienst Planung, Mobilität und Denkmalpflege.

Die Abteilungsleiterin Städtebauliche Planung erinnert an die Bürgerbeteiligung im Juni, bei der es Kritik und Anregungen gab. Jetzt geht es noch um Gutachten und Stellungnahmen. "Die Bezirksvertretung und der Stadtentwicklungsausschuss werden sich wegen der anstehenden Arbeiten erst wieder Anfang 2018 mit dem Bebauungsplan beschäftigen können", vermutet Stadtdirektor Hoferichter. "Dann folgt die öffentliche Auslegung".

"Mit anderthalb Jahren ist man gut dabei", benennt Hoferichter die durchschnittliche Bearbeitungszeit. "Wenn es etwas komplexere Themen sind, können auch schon einmal zwei Jahre und mehr vergehen." Nicht nur deshalb hat es seinen Reiz, dort zu bauen, wo schon gültige Pläne existieren. "Über das ganze Stadtgebiet verteilt gibt es noch eine ganze Menge Potenzial. Es sind fast 70 Hektar, für die Baurecht existiert oder kurz bevorsteht." Die Flächen reichen für fast 3000 Wohneinheiten. Die wenigsten dieser Grundstücke gehören aber der Stadt, und es fehle oft die Bereitschaft zum Verkauf - obwohl die Entwickler Schlange stünden. Anders an der Eller Straße: Dort haben Entwickler und Grundstücksbesitzer zusammengefunden. "Unterhalb" von Robert Herder (Windmühlenmesser) entstehen zirka 70 Wohneinheiten.

"Seit zehn Jahren verfügt die Stadt über ein Baulandmanagement", erläutert Abteilungsleiterin Mager-Stanowski. "Wir wollen nicht nur die Flächen, sondern auch die Inhalte steuern." "Die Mobilisierung von Wohnungsbaupotenzialen auch auf Brachen wird eines unserer Schwerpunktthemen", unterstreicht Hoferichter. Eine Hilfe werde das neue Solinger Baulandkataster sein, das noch 2017 im Netz veröffentlicht werden soll. "Wir wollen und können keine Makler sein", sagt Hoferichter. Man könne aber die Kommunikation zwischen Grundstücksbesitzern und Entwicklern fördern. Eine erste Information wird es Mitte September bei der Immobilienmesse der Stadt-Sparkasse geben.

"Wir haben kurzfristig verfügbare Potenziale und müssen nicht hektisch in irgendwelche neuen Flächen ausweichen", sagt Kerstin Mager-Stanowski. "Neue Bebauungspläne sind im Moment nur ein Schwerpunkt. Einige der Flächen, denen wir uns jetzt widmen, sind aus gutem Grund bislang noch nicht entwickelt worden" - etwa wegen des Lärms.

Nun werde nach Lösungen gesucht. Auch mit Hilfe des "Experimentellen Wohnungs- und Städtebaus", einem Programm des Bundes. Es geht um geförderten Wohnungsbau (samt Gestaltungsvorschlägen) und die "Aktivierung von Innenentwicklungspotenzialen in wachsenden Kommunen" für alle "Wohnungsbedarfe".

Dass Solingen da nur weiter zur Schlafstadt heranwächst, befürchtet Stadtdirektor Hoferichter nicht. "Neue Familien siedeln sich an, die vor Ort einkaufen, in Vereine gehen deren Kinder hier Kitas und Schulen besuchen. Da ist überall Leben."

(flm)
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