Solingen Neuer Müllkessel kommt später

Solingen · Mit dem Parallelbetrieb im Müllheizkraftwerk ist die Anlage an der Sandstraße auch zu einem Großproduzenten von Strom und Fernwärme geworden. Der Verbrennungskessel 2 indes soll erst später erneuert werden. Grund: Man will erst die technische Entwicklung abwarten.

Wenn im Müllheizkraftwerk (MHKW) an der Sandstraße ein neuer Verbrennungskessel erforderlich wird, geht es ans Eingemachte: 23 Millionen Euro wird die Erneuerung der Kesselanlage 2 kosten. Laut Wirtschaftsplan sollte diese Summe eigentlich ab dem nächsten Jahr investiert werden. Doch wirtschaftlich, erklärt Siegfried Schulz, mache es mehr Sinn, den neuen Müllkessel später zu bauen.

Der Leiter des Technischen Betriebs Solingen (TBS), in dessen Regie das MHKW fällt, will erst noch die technische Entwicklung bei neuen Verbrennungsverfahren abwarten. Dadurch könnten sich nämlich Einspareffekte ergeben.

Hintergrund ist, dass der neue Verbrennungskessel strengeren Grenzwerten bei den Stickoxiden genügen muss. Um die zu erreichen, könnte vor dem Schornstein des MHKW ein Katalysator (vergleichbar mit dem in einem Pkw, nur sehr viel komplexer) eingebaut werden. Das Verfahren sei technisch ausgereift, allerdings auch sehr teuer, erklärt Schulz. Folge wäre, dass die Abfallgebühren in Solingen steigen würden. Denn zu 50 Prozent bestimmen die Entgelte der Müllverbrennung die Abfallgebühren.

Wirtschaftlicher, aber auch ökologisch sinnvoller wäre es nach den Worten des TBS-Leiters allerdings, die Stickoxide nicht erst auf dem Weg zum Schornstein, sondern bereits im Feuerraum des Müllkessels zu bekämpfen. Dies geschieht durch Eindüsung von Harnstoff. "Das Verfahren funktioniert ebenso", sei derzeit aber noch nicht in der Lage, im Dauerbetrieb die Grenzwerte einzuhalten. Schulz erwartet hier eine technische Lösung der Industrie. Voraussichtlich, so seine zeitliche Einschätzung, könnte dann zwei Jahre später als vorgesehen die neue Kesselanlage mit der deutlich wirtschaftlicheren Verbrennungstechnik gebaut werden. Schulz: "Wir können den Betrieb bis dahin ganz normal weiter fahren."

Das wäre der Parallelbetrieb mit zwei Müllkesseln. Vor drei Jahren wurde dieser an der Sandstraße aufgenommen. Dadurch konnte gut ein Drittel mehr Abfall verbrannt werden. Zugleich wurden – quasi als Nebenprodukt – 61 Prozent mehr Strom und 31 Prozent mehr Fernwärme erzeugt.

Fernwärme fließt überwiegend in städtische Objekte wie Klinikum, Theater und Konzerthaus, Berufsschulgebäude in der City, Schwimmbad Vogelsang sowie die Entsorgungsbetriebe an der Dültgenstaler Straße, aber auch in die neue Kita an der Augustastraße. Und der Strom, sofern er nicht den Bedarf städtischer Einrichtungen deckt, wird an die Solinger Stadtwerke (SWS) verkauft.

Als Konkurrenzunternehmen sieht Siegfried Schulz den Energie-Produzenten MHKW allerdings nicht, vielmehr als Kooperationspartner der SWS.

Auch die sehen das freilich so. "Zurzeit prüfen Stadtwerke und Stadt in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe, wie die Konditionen des Reststrom-Vertrags durch eine veränderte Vermarktung des Stroms verbessert werden können", berichtet SWS-Sprecherin Ilka Baumgardt unserer Zeitung. "Grundsätzlich befürworten wir die Verwendung des Stroms und der Fernwärme, die im MHKW erzeugt werden, da dieses Konzept einer nachhaltigen Energieversorgung der Stadt zugutekommt", macht Baumgardt die Position der Stadtwerke deutlich.

(RP)
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