Michael Halbey "Nach Weihnachtsharmonie ist Grusel schön"

Solingen · Der Monheimer Theaterpädagoge und Schauspieler steht als blutrünstiger Graf auf der Bühne des Solinger Kammerspielchens.

 Michael Halbey steht derzeit als Graf Dracula auf der Bühne des Gräfrather Kammerspielchen.

Michael Halbey steht derzeit als Graf Dracula auf der Bühne des Gräfrather Kammerspielchen.

Foto: Stephan Köhlen

Graf Dracula - wie bereitet man sich auf so eine Rolle vor?

Halbey Ich habe mich mit der Dracula-Mythologie beschäftigt und viel dazu gelesen. Zum Beispiel Bram Stokers Roman im Original, der ja aus Tagebuch-Einträgen und Briefwechsel besteht. Natürlich habe ich mir auch Gary Oldman und Christopher Lee als Dracula angeschaut, den Dracula schlechthin.

Und dann müssen Sie sich wieder von diesen "Vorbildern" lösen?

Halbey Natürlich. Irgendwann ist man an einem Punkt angelangt, an dem man das Gelesene wieder etwas vergessen muss. Letztendlich verkörpere ich Dracula und muss meinen eigenen Weg in die Figur finden. Das ist ein schöner Prozess, wenn man sich mit den verschiedenen Facetten der Figur beschäftigt.

Welche sind das?

Halbey Dracula ist nicht nur Monster, er ist auch Graf. Darum möchte ich seine adeligen Wurzeln hervorheben. Mancher wird sich im ersten Akt vielleicht über den charmanten Grafen wundern. Aber das Monster in ihm kommt nicht zu kurz.

Wie sind Sie zu der Rolle gekommen?

Halbey Regisseur Ronald F. Stürzebecher ist auf mich zugekommen. Ich bin schon voriges Jahr im Kammerspielchen aufgetreten. Die lange Vorlaufzeit war sehr gut für meine Vorbereitung. So hat Dracula bei uns längere Haare, da war das Jahr zur Vorbereitung nützlich.

Wer steht mit auf der Bühne?

Halbey An erster Stelle Claus Wilcke als Vampirjäger Van Helsing, der vielen durch seine Darstellung des Percy Stuart bekannt sein wird. Michael Oenicke war jahrelang Mitglied des Lindenstraßen-Ensembles. Dazu kommen junge Talente wie Kris Köhler und Niklas Peternek, die bereits in einer Shakespeare-Produktion zusammengearbeitet haben, oder Miriam Mayer, die frischen Wind in die alten Gemäuer bringt. Zusammen mit Jutta Friese und Detlef Wegner ist da ein tolles Ensemble zusammengewachsen.

Tragen Sie Vampirzähne?

Halbey Ja, die Zahnschiene wurde extra von der zahnchirurgischen Kaiserburgklinik in Duisburg hergestellt. Damit alles passt, wurde von meinem Gebiss ein Abdruck genommen.

Also nichts aus dem Karnevalsladen?

Halbey Nein, schon deshalb nicht, weil die Schiene beim Beißen zum Einsatz kommt.

Fällt Ihnen das Sprechen mit so einer Schiene nicht schwer?

Halbey Anfangs musste ich mich an die falschen Zähne gewöhnen. Jetzt hört man es nicht mehr. Die Schiene kommt ohnehin nur zu den "Szenen mit Biss" zum Einsatz.

Was halten Sie von den modernen Versionen von Graf Dracula?

Halbey In meiner Vorbereitung habe ich mich vorwiegend mit den ursprünglichen Fassungen der Sage beschäftigt, also mit Bram Stokers Roman. Aber auch "Tanz der Vampire" von Roman Polanski und Herzogs "Nosferatu" haben mir zur Vorbereitung gedient, wie die schon erwähnten Lee und Oldman. Moderne Verfilmungen wie "Dracula Untold" von Gary Shore oder "Twilight" von Stephenie Meyer habe ich aber ausgeklammert. Ich orientiere mich am traditionellen Bild der Vampire, mit dem gewissen Gruselfaktor, der in den jüngeren Verfilmungen leider etwas verloren gegangen ist.

Warum sind Vampirgeschichten immer noch so aktuell?

Halbey Weil der Mensch sich grundsätzlich gerne gruselt. Das Dunkle reizt ihn. Und am schönsten ist doch das befreite Aufatmen nach einem Schockmoment. Besonders nach der ganzen Weihnachtsharmonie ist ein bisschen Grusel schön. Deshalb werden unsere Gäste bei den Aufführungen von Anfang an in die Welt von Dracula entführt und nicht erst, wenn der Vorhang aufgeht.

Wie bitte?

Halbey Ja, im Kammerspielchen werden auch bei den noch kommenden Vorstellungen grausige Gestalten rumlaufen. Aber niemand muss sich Sorgen machen, wir verteilen Knoblauchzehen und kleine Kreuze zum Schutz.

LAURA KLESPER FÜHRTE DAS GESPRÄCH

(RP)
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