Corona-Stillstand Museumsbahnen zurück auf den Gleisen

Solingen/Wuppertal · Nach sieben Monaten startete am Sonntag die erste Bergische Museumsbahn an der Kohlfurther Brücke – viele Besucher hatten den Neustart bereits erwartet. Der Verein rechnet mit einem finanziellen Verlust von bis 25.000 Euro durch die Corona-Krise.

 Um 10.40 Uhr ertönte die Klingel und die erste Fahrt der bergischen Museumsbahnen startete nach monatelanger Zwangspause. 21 Plätze standen im Wagen zur Verfügung, alle waren besetzt.

Um 10.40 Uhr ertönte die Klingel und die erste Fahrt der bergischen Museumsbahnen startete nach monatelanger Zwangspause. 21 Plätze standen im Wagen zur Verfügung, alle waren besetzt.

Foto: Peter Meuter

Als das Klingeln der alten Straßenbahn durch das Tal schallt, blickt Guido Korff mit einem Lächeln zu den Schienen. „Endlich“, sagt er und sieht dann dem Düwag-Gelenkwagen nach, der zur Probefahrt aufbricht. Bevor am Sonntag die Gäste an die Kohlfurther Brücke zurückkehren und in der Bahn Platz nehmen, steuert Lokführer Sascha Odendahl die alte Bahn testweise den Berg hinauf. Sieben Monate lang war die Klingel verstummt, die Bahnen parkten in der Halle. „Wir gehen von einem finanziellen Verlust zwischen 20.000 und 25.000 Euro aus“, sagt Schatzmeister Guido Korff.

Denn eigentliche hätte die Saison für den Verein bereits im April begonnen. Wegen der Corona-Krise stand der Betrieb still – auch an den sonst so einträglichen Pfingsttagen und für die beliebten Hochzeitsfahrten. Korff gibt aber Entwarnung: „Uns wird es wohl auch nächstes Jahr noch geben“, sagt er. Die Fixkosten seien zu stemmen, der Verein habe Kompensationszahlungen aus dem staatlichen Fördertopf bekommen. Und die geplanten Projekte würden nun eben teilweise aufgeschoben. Eigentlich hatte der Verein seine Fahrzeuge auffrischen wollen und umfangreiche Arbeiten an der Stromversorgung geplant. „Jetzt machen wir nur das Nötigste“, sagt Korff. Abgerechnet werde am Ende des Jahres. „Nun hoffen wir erstmal, dass die Fahrgäste zurückkehren“, ergänzt er, „trotz der Coronabedingungen“.

500 bis 700 Fahrgäste fuhren vor der Krise an einem guten Sonntag mit der Bahn, wegen der Abstandsregelungen muss der Verein nun die Plätze reduzieren. Es sei nicht leicht, die Regeln für den öffentlichen Nahverkehr auch in den historischen Bahnen umzusetzen, erklärt Korff. Weil der Düwag-Gelenkwagen aber insgesamt vier Türen hat, können Fahrgäste und Fahrer entsprechend geschützt werden. 21 Passagiere finden Platz. „Auf den Schaffner, der im Wagen Fahrkarten verkauft, müssen wir leider noch verzichten“, erklärt Korff. Dann sieht er der Bahn entgegen, die aus dem Wald auftaucht und die Probefahrt bestanden hat.

 Groß war der Andrang auf die erste Fahrt unter Hygenevorschriften.

Groß war der Andrang auf die erste Fahrt unter Hygenevorschriften.

Foto: Peter Meuter

Inzwischen erreichen die ersten Fahrgäste das Gelände der Bergischen Museumsbahnen. Ihr Ticket kaufen sie gleich am Eingang bei Sven Eckert, dann warten sie mit Abstand, bis sich um 10.35 Uhr die Türen des alten Wagens öffnen. „Wir haben schon sehr darauf gewartet, dass es wieder losgeht“, sagt ein Paar, das samt Hund in der ersten Reihe Aufstellung bezogen hat. Ehrensache, dass die beiden bei der Jungfernfahrt dabei sind. Gleich hinter ihnen klettert Louise Leth mit ihrer Familie in den Wagen. Die Dänen machen Urlaub in Wuppertal und auf der Suche nach Ausflugszielen, entdeckten sie die Museumsbahnen. „Diese nostalgischen Wagen sind wie eine Reise in die Vergangenheit“, sagt Louise Leth in fließendem Deutsch, „und wir verbinden die Tour mit einer kleinen Wanderung.“

Die 21 Plätze im Wagon sind alle gefüllt, als Sascha Odendahl um 10.40 Uhr die Klingel betätigt und die rund 60 Jahre alte Bahn in Bewegung setzt. „Ich muss erstmal wieder reinkommen“, sagt er. Er habe sich sehr auf die Rückkehr hinter das Steuer gefreut. Allerdings sind die Bedingungen am Starttag nicht optimal: Die Mischung von Staub und Regen habe für schlüpfrige Schienen gesorgt, bestätigt Betriebsleiter Ingo Brauer, der hinter dem Lokführer Platz genommen hat. Beim Bremsen und Anfahren sucht der Wagon deswegen kurz nach Halt, bevor es losgeht. „Ansonsten bin ich aber sehr zufrieden“, sagt der Betriebsleiter, der von der technischen Aufsichtsbehörde bestellt wurde und an diesem Morgen den Ablauf prüft. Das Hygienekonzept werde eingehalten, der Fahrer mache seine Sache gut und auch die Technik laufe problemlos.

Das ist der Verdienst der Ehrenamtlichen des Vereins, die die Corona-Pause für Ausbesserungen genutzt haben. „Wir konnten die Erneuerung der Schwellen in diesem Jahr fast abschließen“, sagt Korff. Es fehle nur noch ein kleines Stück. Auch die Leitungen wurden geprüft und ausgebessert. Außerdem hat der Verein einen neuen Vierachser-Großraumwagen aus Recklinghausen, deren Schwester in den 1950er Jahren auch in Wuppertal unterwegs war, auf den Weg in die Werkstatt geschickt. Im August soll er zurückkehren, nach Schönheitsarbeiten der Ehrenamtlichen könnte er zum Ende der Saison noch eingesetzt werden.

 Foto: Peter Meuter / Solingen, Kohlfurth, erste Fahrt der bergischen Museumsbahnen,  26.07.2020.

im Bild:
erste Fahrt der bergischen Museumsbahnen Pressesprecher und Vorstand Guido Korff

Foto: Peter Meuter / Solingen, Kohlfurth, erste Fahrt der bergischen Museumsbahnen, 26.07.2020. im Bild: erste Fahrt der bergischen Museumsbahnen Pressesprecher und Vorstand Guido Korff

Foto: Peter Meuter

Die Bahn kämpft sich währenddessen weiterhin den idyllischen Weg über die Schienen den Berg hinauf, stoppt an den nostalgischen Haltepunkten und macht schließlich eine Pause an der Haltestelle Greuel. „Den Vegetationsbau müssen wir in den Blick nehmen“, sagt der Betriebsleiter, während die Fahrgäste sich die Beine vertreten. Der Weg müsse regelmäßig von Ästen, Laub und Farn befreit werden. Auf dem Rückweg Richtung Kohlfurther Brücke kommt die Sonne raus und sorgt für ein kleines Naturschauspiel, als sie sich ihren Weg durch Äste und Laub sucht. „Sehr schön“, flüstert Louise Leth. Und dann wendet sie sich zu ihrer Tochter, deutet auf den Blick durch das Fenster des Fahrers und wiederholt die Worte auf Dänisch: „Meget fint.“

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