Solingen Mühsame Arbeiten in der Brücke

Solingen · 18 Eisenträger zur Verstärkung müssen in der Müngstener Brücke eingezogen werden. Das ist kompliziert. Deutschlands höchste Eisenbahnbrücke wurde einst für derartige Arbeiten nicht konstruiert. Wer hier arbeitet, muss schwindelfrei sein, sagt Projektleiter Hans Günter Gewehr.

Langsam, ganz langsam tuckert der Wartungswagen heran. Das Draisinen-artige kleine Gefährt ist die einzige Möglichkeit, Material und Personal in der wie bei einem Spinnennetz verwobenen Stahlkonstruktion der Müngstener Brücke zu transportieren. Auf einer Länge von gut 460 Metern überspannt die 107 Meter hohe Brücke das Tal der Wupper. Aber eine drei viertel Stunde dauert es, bis die Arbeiter mit dem Wartungswagen, der etwa fünf Meter unter dem Gleis auf Eisenschienen läuft, die rund 460 Meter lange Strecke zurückgelegt haben.

18 zusätzliche Eisenträger

Als die Brücke einst vor über 100 Jahren konstruiert wurde, hatte man spätere, umfängliche Sanierungsarbeiten offenbar nicht berücksichtigt.

Das mache es heute so schwierig. "Hier kann man doch nicht mit 50 Mann arbeiten", erklärt Bahnsprecher Udo Kampschulte und spricht von einer ganz "speziellen Baustelle". Deshalb würden die Arbeiten naturgemäß sehr viel mehr Zeit in Anspruch nehmen. Auch er ist durch eine enge Luke gestiegen und über eine Leiter am Widerlager auf der Solinger Seite ins Unterdeck der Konstruktion geklettert.

18 zusätzliche Eisenträger müssen die Stahlbauer hier einziehen. Seit Mitte Mai laufen die zusätzlichen Verstärkungsmaßnahmen in und auf der Brücke. "Wir unternehmen alles, um einen positiven Bescheid des Eisenbahnbundesamtes zu bekommen", sagt Kampschulte. Sind die Arbeiten abgeschlossen, wird ein vom Eisenbahnbundesamt (EBA) beauftragter Gutachter diese inspizieren und abnehmen. Anschließend wird die Aufsichtsbehörde der Bahn das neue statische Gutachten samt Verstärkungsmaßnahmen abschließend prüfen. Einen Zeitplan, wie lange all dies dauern könnte und damit Deutschlands höchste Eisenbahnbrücke für den Müngstener endlich wieder freigegeben werden kann, will der Bahnsprecher allerdings nicht nennen. Noch nicht einmal auf den Zeitraum von vagen Wochen will er sich inzwischen mehr festlegen.

Jetzt stoppt der kleine Wartungswagen mit den beiden Arbeitern. Nebenan in der Stahlkonstruktion ist die Farbe vom Rost an so manchen Stellen abgeblättert. "Wer hier arbeitet, muss schwindelfrei sein", sagt Hans Günter Gewehr, Projektleiter der Bahn. Eine Art Hebebühne auf dem Gefährt hievt die beiden Arbeiter bis unter das Fahrdeck der Müngstener Brücke. Mit Gurten und Seilen sind sie wie Bergsteiger im Hochgebirge gesichert. Mit einem Flaschenzug rücken die beiden Männer den bereits herbeigeschafften gut fünf Meter langen Eisenträger zur Querverstärkung an die berechnete Stellen. Anschließend muss er sorgsam verschraubt werden. "Es ist einfach schwierig, hier zu arbeiten", entgegnet Bahnsprecher Kampschulte dem Vorwurf, die Bahn würde sich viel zu viel Zeit mit den Arbeiten lassen.

Ziel der Bahn ist es aber wohl, die Arbeiten noch in diesem Monat abzuschließen. "Einen genauen Zeitplan wollen und können wir aber nicht nennen – auch, um das Eisenbahnbundesamt bei der Prüfung der Statik nicht unter Druck zu setzen", heißt es. Pfingstsonntag fährt die Regionalbahn 47 auf der Solinger Seite jedenfalls wieder bis Schaberg. "Wir hoffen, dass das Angebot angenommen wird und der Brückenpark profitiert", sagt Kampschulte. Nach seinen Worten sind jetzt alle Sicherheitsvoraussetzungen geschaffen, damit der Müngstener an Samstagen und an Sonntagen, aber auch an Feiertagen im Freizeitverkehr im Halbstundentakt den Bahnhof kurz vor der Brücke anfahren kann.

Auf Gleis 1 in Schaberg wird der Müngstener ankommen und dieses anschließend auch für die Rückfahrt benutzen. Dafür ist ein etwa 50 Zentimeter langer Kasten am Gleis des Bahnsteigs montiert worden.

Das ist das neue Sicherheitsmagnet. Es macht die Weiterfahrt für den Lokführer über die Brücke unmöglich. Falls der Zug tatsächlich daran vorbeifahren sollte, wird er automatisch gestoppt. Kampschulte: "Das Magnet ist bereits scharf geschaltet."

Weiterer Bericht C 1

(RP)
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