Solingen Moschee lockt rechte Szene an

Solingen · Nach dem Weggang des Hasspredigers beobachtet der Staatsschutz die Salafisten-Moschee weiter. Rechte Agitatoren nutzen sie als Trittbrett ihrer Propaganda. Doch gibt es bisher keinen Hinweis auf Netzwerke rechter Gewalt.

Der in Österreich bereits verurteilte Hassprediger Mohammed M. hat sich offenbar in ein Dorf im Odenwald verzogen. Der Staatsschutz bleibt aber dennoch alarmiert: "Wir haben ein Auge auf die Solinger Moschee und wollen herausfinden, was sich dort entwickelt", sagte jetzt der stellvertretende Leiter der polizeilichen Abteilung Staatsschutz, Hans Manke. Die Wachsamkeit hat guten Grund: Die für den 24. März angekündigte Doppeldemonstration von Pro NRW gegen Salafisten in Solingen und gegen den Bau einer Moschee in Remscheid soll trotz des Abtauchens von Mohmmed M. stattfinden, hieß es gestern aus der Zentrale der rechtsgerichteten Partei.

Dem aktuellen NRW-Verfassungsschutzbericht zufolge wird die aus der Bürgerbewegung Pro Köln hervorgegangene Kleinpartei weiter vom Verfassungsschutz beobachtet. "Ausländer werden durch ,pro Köln' und ,pro NRW' wegen ihrer Nationalität, Abstammung oder Religionszugehörigkeit pauschal herabgesetzt und diffamiert", heißt es in dem Bericht des Landesverfassungsschutzes 2010.

Nachdem Anfang Februar bereits einige Republikaner in Solingen eine so genannte Mahnwache abhielten, wollen die rechten Agitatoren von Pro NRW am 24. März nun massiver auftreten. 30 000 Flyer seien bereits gedruckt, hieß es aus der Parteizentrale, 150 Demo-Teilnehmer würden erwartet.

Dabei verfügen aber weder Republikaner noch Pro NRW in Solingen über nennenswerte Strukturen. "Pro NRW ist eine reisende Truppe", sagte Hans Manke. "Das kommt nicht aus Solingen heraus", so der Staatsschützer. Die ursprünglich gegen einen Moscheebau in Köln agitierende Vereinigung schlage vielmehr "überall dort auf, wo sich was tut", sagt Manke. Den Remscheider Moscheebau und die Solinger Salafisten versuchten die Rechten für ihre Zwecke zu nutzen und provozierten auf diese Weise Gegendemos linker oder überparteilicher Gruppen.

Nach Lage der Dinge dürfte also für die Polizei anlässlich der Doppeldemonstration von Pro NRW am 24. März der nächste Großeinsatz anstehen. Und an diesem Tag werden dann längst nicht nur uniformierte Kräfte im Einsatz sein. Auch die Beamten des Staatsschutzes sind vor Ort, um die gesamte Szene zu beobachten.

Dabei fehlt aber nicht nur Republikanern und Pro NRW eine eigene Basis in Solingen. Nach Erkenntnissen der Polizei existieren in der Klingenstadt auch keine rechtsextremistischen Netzwerke autonomer Nationalisten. Die deutschlandweite Diskussion und tiefe Betroffenheit angesichts der Mordserie der Zwickauer Neonazis hat zwar den Eindruck weithin agierender rechter Terror-Netzwerke verstärkt. Und die jüngste Meldung des NRW-Innenministeriums über eine landesweite Zunahme rechter Gewalttaten um 23 Prozent im Jahr 2011 sorgte für zusätzliche Befürchtungen. Hans Manke zufolge gibt es derzeit aber keine Hinweise auf Solinger Terror-Zellen rechtsextremer Prägung. Der Kreis möglicher rechter Gewalttäter in Solingen und Umgebung ist offenbar klein.

Er beschränkt sich auf die Gruppe sogenannter "Nationaler Sozialisten" im Wuppertal-Vohwinkel, unmittelbar hinter der Solinger Stadtgrenze. Nach Erkenntnissen des Staatschutzes kommen aus der 25 bis 30 Personen starken Gruppe — darunter auch Frauen — nur zwei bis drei aus Solingen. Der Anteil von jungen Frauen in der rechten Szene habe sich erhöht, so Manke. Die Vohwinkler Gruppe sei bisher durch Delikte bis hin zu gefährlicher Körperverletzung aufgefallen — meist bei spontanen Schlägereien überwiegend mit Gleichaltrigen, die sie nicht selten aus Schulen oder Sportvereinen kennen. Waffendelikte habe es aber bisher nicht gegeben. "Das ist alles weit entfernt von der Gruppe in Zwickau", sagte Mahnke. Auch seien rechte und linke Aktivisten äußerlich kaum noch zu unterscheiden. "Die Zeiten von Glatzen, Bomberjacken und Springerstiefel sind vorbei", sagte der Staatsschützer.

(RP)
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