Wuppertaler Mordprozess „Der Schockmoment hat gefehlt“

Solingen · Im Prozess um eine tote Zweijährige aus Solingen vor dem Wuppertaler Landgericht haben ein Rettungssanitäter und ein Polizist die Mutter des Mädchens mit ihren Aussagen belastet. Beide beschrieben sie als kalt und distanziert.

Mordprozess um Kindstod in Solingen: Rettungssanitäter und Polizist belasten Mutter
Foto: dpa/David-Wolfgang Ebener

„Sie war sehr leise und ungewöhnlich gefasst“, schilderte ein Rettungssanitäter am Donnerstag vor dem Wuppertaler Landgericht den Einsatz am 10. Januar, als ein zweijähriges Mädchen tot in Solingen aufgefunden worden war. Das Verhalten der Mutter habe ihn irritiert. „Der Schockmoment hat gefehlt“, erinnerte er sich an eine Situation, die alle sehr mitgenommen habe. Auch die Notärztin habe die Situation belastet. Nach vier oder fünf Reanimationsversuchen sei klar gewesen: Das kleine Mädchen ist tot.

Deren Mutter habe er gleich nach seinem Eintreffen in die Küche geschickt. Später habe er gehört, dass sich die 25-Jährige dort mit ihrer Mutter unterhalten habe, die sie zuvor per Telefon alarmiert hatte. „Jetzt reicht es. Ich zeige ihn wegen Kindesmisshandlung an“ – das soll die Großmutter des Kindes zu ihrer Tochter gesagt haben.

Im Nachgang komme es ihm so vor, als habe die Mutter schon beim Eintreffen des Notarztwagens gewusst, dass ihr Kind tot sei. Das bestätigte später auch einer der Polizeibeamten, dem die Kindsmutter gesagt haben soll, sie habe Erfahrungen in der Altenpflege und wisse, wie man aussehe, wenn man tot sei.

Seine Aufgabe sei es gewesen, von der Mutter des Mädchens noch in deren Wohnung erste Informationen zu erfragen. Anfangs sei sie für ihn eine Zeugin gewesen. Irgendwann jedoch habe er gemerkt, dass die Mutter etwas mit der Sache zu tun haben könnte. „Sie wirkte kalt und distanziert“, erinnerte er sich an den Eindruck, den die Frau auf ihn machte.

Sie habe ihm später erzählt, dass ihr Freund die Tochter und auch sie selbst schon seit längerem geschlagen und misshandelt haben soll. In der Nacht vor dessen Tod soll er das Kind über Stunden gequält haben. Sie habe versucht dazwischen zu gehen und sei mit Schlägen bedroht worden. In den Kindergarten habe sie ihre Tochter länger nicht geschickt, weil sie befürchtet habe, dass die Verletzungen dort auffallen würden. Zum Arzt habe sie mit dem Mädchen auch nicht gehen wollen. Offenbar gab es eine Bezugsperson bei der Awo, von der die Mutter sagt, die sei für sie zuständig gewesen. Die Frage, ob das Jugendamt Mutter und Tochter im Blick gehabt habe, blieb bislang unbeantwortet.

Auch bei diesem Verhandlungstag war das Entsetzen über die Tat allgegenwärtig. „Das Kind lag nur mit einer Windel und einem Hemdchen bekleidet auf dem Boden und war übersät mit Verletzungen. Sowas habe ich noch nicht gesehen“, sagte einer der Polizeibeamten.

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