Solingen Momente der wahren Empfindung

Solingen · Die Ausstellung „Himmel und Hölle zwischen 1933 und 1989“, die morgen um 11.30 Uhr im Gräfrather Museum Baden eröffnet wird, umfasst insgesamt fünf Einzel-Ausstellungen. Während in den Erdgeschossräumen des Altbaus die Sammlung Jürgen Serke zu sehen ist, findet sich im ersten Stock des Altbaus sowie im Meistermann-Saal des Museums eine Neupräsentation der Sammlung Dr. Gerhard Schneider („Bürgerstiftung für verfemte Künste“).

Diese beiden Präsentationen hat Kurator Jürgen Kaumkötter von der Berliner Agentur Damm und Lindlar mit drei weiteren Ausstellungen ergänzt. Im unteren Saal für Wechselausstellungen zeigt Kaumkötter Bilder des Dichters und Malers Peter Kien. Der junge Künstler kam 1940 ins Ghetto Theresienstadt und starb 1944 mit 25 Jahren in Auschwitz. Malerei ist bei Kien der Traum von einer befreiten Welt, in seinen Gedichten antwortet auf die direkte Todesbedrohung. Für einen Blick der jungen Generation auf das vergangene Jahrhundert hat der Kurator Werke der Künstler Sigalit Landau, Sarah Schönfeld und Jonathan Meese ausgewählt.

„Die sich die Freiheit nahmen“

Im Eingangsbereich sowie im gesamten obere Saal für Wechselausstellungen zeigt Kaumkötter die Ausstellung „Die sich die Freiheit nahmen“ mit Fotografien von Stefan Moses, Robert Lebeck, Wilfried Bauer und Christian G. Irrgang. Alle Fotografen haben den Journalisten und Sammler Jürgen Serke für seine Serie im „Stern“ über die „verbrannten Dichter“ zu den Verfolgten des vergangen Jahrhunderts begleitet. Die „Geschichten von Schriftstellern, deren Hoffnung der Sozialismus war und deren Widerstand dem nationalsozialismus und dem linientreuen Kommunismus“ galt, erschienen 1977 in dem Buch „Die verbrannten Dichter“, dass einer ganze Literaturgattung ihren Namen gab. Die im Museum Baden ungerahmt und direkt auf die Wand angebrachten Schwarz-Weiß-Fotografien – bis auf eine Farbserie von Robert Lebeck über Vaclav Havel – sind weit mehr als nur Dokumentationen der Reisen, Spurensuche und Begegnungen Serkes mit den Schrifstellerinnen und Schriftstellern. Eingefangen haben alle vier Fotografen „Momente der wahren Empfindung“ – wie auch der Text von Serke im Katalog zu „Die sich die Freiheit nahmen“ übertitelt ist.

Portrait der Totenmaske

Als Beispiel für solch einen Moment kann ein Fotoportrait von Wilfried Bauer stehen. Es ist das Portrait der Totenmaske von Else-Lasker-Schüler, aufgenommen 1976 in Jerusalem. „Der Ölberg veränderte alles zum Moment der wahren Empfindung als Bauer das auf einer Mauer aufgestellte Gesicht im letzten Licht des Untergangs festhielt“, erinnert sich Serke. „Dieses Gesicht zeigt ein Lächeln wie eine Verheißung aus einem ihrer Gedichte: Ein Mensch der Liebe kann nur auferstehen.“

(RP)
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