Solingen Modern Jazz vom Feinsten mit der Lars Daniellson Group

Solingen · Das Kirchenschiff ist voll, die Stimmung top. Die Lutherkirche brummt. "Seit 15 Jahren warte ich darauf, dass es hier mal Jazz gibt", sagt Pfarrer Christian Menge.

Nun ist es soweit. Er übergibt das Wort an Peter Wirtz. Der Schulleiter und Mitorganisator der Walder Theatertage kündigt Besonderes an. "Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne", sagt er stolz, und nach dem herzlichen Dankeschön an alle Beteiligten heißt er seine Gäste willkommen. Aus Schweden ist sie gekommen, die Lars Daniellson Group, und die ist nicht nur Auftakt zur 18. Auflage des beliebten Solinger Kultur-Specials - sondern ein Top-Act von Weltformat. Denn was Lars Danielsson (Bass, Cello), John Paricelli (Gitarre), Magnus Öström (Drums) und Gregory Privat (Piano) abliefern, ist Jazz vom Feinsten - und geht weit über die Genregrenzen hinaus.

Zwei Stunden lang zeigten die vier Vollblutmusiker, was sie unter Jazz verstehen: Aus kleinen melodischen Keimzellen entwickeln sie dynamische, klangvolle, in sich verschachtelte, episch aufgebaute, kraftvolle wie lyrische Improvisationswelten. Ihr Quell ist die unerschöpfliche Inspiration, mit der sich alle Musiker gegenseitig beflügeln. Elemente aus Jazzrock und europäischer Klassik, aber auch afrikanische und skandinavische Einflüsse lassen einen brillanten Mix entstehen, der sehr eigenständig ist und sich nie wiederholt.

Auch die Zuhörer in der Lutherkirche zogen sie schnell in ihren Bann. So war "Liberetto" eine ausdrucksstarke Ballade, in der Bass und Gitarre, getragen von Magnus Öströms erlesener Perkussion, die verträumte Melodik des Klaviers aufgriffen und weitersponnen. "Orange Market" mit seiner markanten Rhythmik und seinen coolen Licks und Lines war ein echtes Masterpiece des Modern Jazz. Das Stück zeigte die enorme Improvisationskraft aller Musiker, die sich fließend, ohne Übergang und Brüche, vom einen auf den anderen übertrug. Wunderschön!

Das elegische "Africa" war ein versponnenes Wechselspiel von Bass, epischer Celloimprovisation und Gitarre. In der "Passacaglia" brachte Pianist Gregory Privat fließende Melodik zum Tragen, die Lars Danielsson mit filigranem Gespür für Feinheiten kongenial weitersponn. "Punte di Arenha" war eine ganz andere Hörerfahrung - mit seinem Spiel von Pausen, Geräuschen, Flageoletts und Intervallen erinnerte es an die Klangexperimente eines John Cage - um dann einen Soundteppich von erlesener Güte zu entwickeln, aus dem sich ein komplexer Rhythmus erhob. In den Gregory ein rasantes Solo einfügte, das Gitarre und Bass aufnahmen und weiterführten. Auch das war eine toll entwickelte, mitreißende Nummer. "Party on the planet" schlug wieder softere Töne an und gab der Wah-wah-Gitarre viel Raum zur Entfaltung. Kann Jazz Rock schöner, saftiger, elementarer und grooviger sein? Wohl kaum. Die Lutherkirche erlebte einen fulminanten Jazz-Einstand. Diese Herren aus dem hohen Norden waren eine perfekte Einheit und haben wirklich alles gegeben: Smoothe Melodien, weite, von sehr flexiblen Drums getragene Improvisationen - und sehr viel Atmosphäre. Mit zwei Zugaben bedankten sie sich für verdienten Riesenbeifall.

(sto)
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