Solingen Mit der Fähre über die Wupper

Solingen · Die Schwebefähre im Brückenpark Müngsten verbindet Solingen und Remscheid. Sie ist ein Unikat, das eigens für den Park gebaut wurde und funktioniert nach dem Prinzip einer Draisine. Nach der Eröffnung 2006 kam bereits im ersten Halbjahr 2008 der 200 000ste Fahrgast.

Wer hier arbeitet, kann sich den Besuch im Fitness-Studio getrost sparen. Denn auf der Schwebefähre im Brückenpark Müngsten ist Muskelkraft angesagt. Wenn das einmalige Gefährt, das an Stahlseilen über die Wupper geführt wird, voll besetzt ist, sind 800 Kilogramm an Bord. Vor allem, wenn die Mitte der Fahrstrecke erreicht ist und es "bergauf" geht. "Ab Mitte geht es immer bergauf, in beiden Richtungen", erklärt Fährmann Holger Haarer, denn die Seile hängen in der Mitte am tiefsten über der Wupper, danach geht es dann eben wieder bergauf.

Überhaupt sind die Seile der neuralgische Punkt der Fähre, denn bei typisch bergischem Regenwetter sind sie so rutschig, dass die Fähre nicht fahren kann. Daher wird immer wieder an neuen Antriebssystemen getüftelt. Im Moment beschäftigen sich Schüler aus dem Bergischen zusammen mit der Wermelskirchener Firma Tente Rollen und der Bergischen Uni mit einem weniger kräftezehrenden Antrieb für die Schwebefähre.

Fahrgäste helfen mit

Doch bis dahin müssen Holger Haarer und sein Mitstreiter Jan Dötsch die Muskeln spielen lassen. Auch die Fahrgäste sind angehalten, mitzuhelfen. "Das klappt in den meisten Fällen gut", sagt Holger Haarer. Der 34-Jährige schätzt, dass nur fünf Prozent der Fahrgäste nicht mithelfen, die meisten aus gesundheitlichen Gründen.

Ob mit oder ohne Einsatz eigener Muskelkraft, das Übersetzen mit der Schwebefähre von der Solinger auf die Remscheider Wupperseite ist allemal ein Erlebnis der besonderen Art. Neben dem einmaligen Brückenpanorama kann der Besucher mit etwas Glück sogar einen Eisvogel sehen und sich davon überzeugen, dass sich die Wasserqualität der Wupper in den vergangenen Jahren enorm verbessert hat. Fürs Mitfahren auf der Schwebefähre gibt es kaum Vorschriften, jeder darf mitfahren, es werden Kinderwagen, Rollstühle und Fahrräder transportiert und natürlich auch Hunde.

Bis 1500 Fahrgäste am Tag

Wenn am Wochenende schönes Wetter ist, setzen bis zu 1500 Fahrgäste über und zahlen dafür je einen Euro. Für Kinder bis 15 Jahren werden 50 Cent berechnet, ebenso für den Transport eines Fahrrades. Hunde, Kinderwagen und Rollstühle werden kostenlos mitgenommen, und das bei entsprechendem Wetter im Sommer an jedem Tag ab 10 Uhr morgens bis 18 Uhr, im Winter von 11 bis 17 Uhr. Montags kann der Fahrbetrieb schon mal ein wenige später starten, dann wird die Fähre gewartet.

Wer sicher sein will, übersetzen zu können, sollte vorher anrufen, rät Holger Haarer. Vor allem Wanderer nehmen diesen Service gerne an und rufen an, wenn sie noch entscheiden können, einen anderen Weg einzuschlagen, der die Wupperquerung überflüssig macht.

Doch die meisten wollen lieber die originelle Schwebefähre nutzen und genießen die Überfahrt, die Jan Dötsch und Holger Haarer bei optimalen Bedingungen in gut einer Minute schaffen. "Im ungünstigen Fall dauert es fünf Minuten", berichtet Jan Dötsch. Das kann passieren, wenn eine Schulklasse nicht ganz ruhig auf der Fähre steht.

Keine Zwischenfälle

"Gefährliche Zwischenfälle hat es hingegen noch nicht gegeben", sind die beiden Fährmänner stolz und genießen ihren Morgenkaffee. Den holen sie am Kiosk der Familie Böhm, und der wird dort seit eh und je in einem herzförmigen Plastikkörbchen liebevoll serviert.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort