Solingen Mehr Sicherheit für Radler auf der Trasse

Solingen · Das Radeln auf alten Bahnstrecken wird im Bergischen immer attraktiver. Damit steigt das Unfallrisiko. Polizei klärt auf.

Den ersten Polizisten hat die Dame auf dem Rad sicher passiert, doch als sie nach links abbiegen will, verliert sie das Gleichgewicht. Sie stürzt mit ihrem Drahtesel bei langsamer Fahrt zu Boden und liegt plötzlich einem zweiten Polizisten zu Füßen. Der hilft ihr zurück auf die Beine. Zum Glück ist der Frau nichts passiert. Beide atmen tief durch. "Sie sehen, wie wichtig ein Helm sein kann", sagt der Polizist. Die Frau lächelt und nickt.

Der Vorfall hätte inszeniert sein können, war er aber nicht. Für die anwesenden Experten der Verkehrsunfallprävention des Präsidiums Wuppertal und des Rheinisch-Bergischen Kreises ist es dennoch ein Beispiel für mögliche Unfall-Risiken auf den Trassen im Bergischen Land. Die Ursachen können vielfältig sein. "Sicher gemeinsam auf der Trasse" heißt eine Aktion der Polizei, mit der sie über diese Risiken aufklären will. Gestern war Ortstermin auf dem Remscheider Abschnitt der Balkantrasse. In Höhe Bornbacher Straße hatten Verkehrsberater von Polizei und Verkehrsclub Deutschland (VCD) Infostände aufgebaut. Für Radler und Fußgänger gab es Bananen, Getränke und Traubenzucker zur Stärkung und jede Menge gute Tipps.

"Hier geht es heute nicht um Kontrollen", sagt Michael Wenner von der Verkehrsunfallprävention. "Wir wollen mit den Menschen ins Gespräch kommen, etwas tun, bevor etwas passiert." Der Hintergrund: Das System alter Bahntrassen, die zu Rad-, Spazier- und Laufwegen ausgebaut werden, wird immer länger und verzweigter. Immer mehr Menschen nutzen es zur Freizeitgestaltung. Gerade an Wochenenden wird es eng. Genaue Zahlen zur Unfallentwicklung liegen der Polizei noch nicht vor. Doch für die Verkehrswächter ist klar: Das Unfallrisiko steigt.

E-Bikes Ein Grund sind Elektrobikes, die immer häufiger genutzt werden. Eine genaue Einweisung sei wichtig, betont Wenner. "Man sollte vorher üben, am besten abseits öffentlicher Straßen." Die erhöhte Geschwindigkeit der E-Bikes verkürzt Reaktionszeiten. Gerade ältere Anfänger hätten häufig Probleme mit der Handhabung, so die Erfahrungen der Polizei und des VDC.

Schutzhelm Eine Helmpflicht für Radfahrer besteht in Deutschland nicht. Doch raten Polizei und VDC, einen Helm zu tragen, auch auf kurzen Strecken. Wie stabil solche Helme sind, konnten Passanten gestern beim Schlagtest selbst erproben. Sieben bis acht kräftige Hiebe mit der Dachlatte brauchte es, bis der Helm zersprang. Doch sollte er wegen Materialermüdung alle fünf Jahre gegen einen neuen ausgetauscht werden, raten die Experten.

Verkehrsregeln Die Trassen sind öffentlicher Verkehrsraum. Die allgemeinen Verkehrsregeln gelten auch dort. Sie sind fast immer als gemeinsamer Weg für Radler und Fußgänger ausgewiesen. "Es gilt das Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme", sagt Wenner. Eine Anleinpflicht für Hunde bestehe dort laut Stadtsatzung nicht. Allerdings seien Hundehalter verpflichtet, Schaden für Personen und Sachen durch freilaufende Hunde abzuwenden. Gerade auf den Trassen fühlen sich Radfahrer vor allem durch andere Radfahrer gefährdet. Das ergab eine Umfrage der Polizei. Sportliche Radler und "Genussfahrer" kommen sich häufig ins Gehege. Waghalsige Überholmanöver sollten vermieden werden. Rechtzeitiges Klingeln als Warnsignal kann Unfälle verhindern und wird nicht als Unhöflichkeit betrachtet, so Wenner.

Geschicklichkeit "Radfahren erfordert die Koordination vieler Wahrnehmungen und Bewegungen", sagt Helmut F. Ruppert vom VCD. "Das muss beherrscht und geübt werden. Das gelte insbesondere für ältere Fahrer. Sind bei den 20- bis 40-Jährigen in nur 17 Prozent der Unfälle keine weiteren Verkehrsteilnehmer beteiligt, steigt der Anteil bei den über 60- Jährigen auf 57 Prozent. "Radeln hält körperlich fit, doch man muss es üben", sagt Ruppert (71), der rund 3000 Kilometer pro Jahr auf dem Rad unterwegs ist.

(RP)
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