Ausstellung in Solingen Es ist nicht das, wonach es aussieht

Solingen · Der Solinger Cartoonist Marcus Gottfried zeigt ab Sonntag eine Auswahl seiner Arbeiten in der Galerie SK. Gezeigt werden 45 Arbeiten aus den vergangenen fünf Jahren.

 Marcus Gottfried stellt in der Galerie der Solinger Künstler in den Güterhallen aus.

Marcus Gottfried stellt in der Galerie der Solinger Künstler in den Güterhallen aus.

Foto: Schneider-Mombaur

In der frisch renovierten Galerie der Solinger Künstler reihen sich schwarz gerahmte Bilder gleichen Formats in perfekter Ordnung an den weißen Wänden entlang. Vermutet man zunächst eine Ausstellung graphischer Blätter mit farbigem Kolorit, so entdeckt das Auge schnell Sprechblasen mit handschriftlichen Texten in jedem Bild, die den Betrachter unmittelbar fesseln und wie magisch auf das Einzelbild konzentrieren. „Wenn ich dann als Reaktion ein Lachen höre, bin ich zufrieden“, kommentiert der Cartoonist Marcus Gottfried diese Begegnungen von Betrachter und Zeichnung.

Erstmalig zeigt die Galerie SK im Südpark dieses künstlerische Genre und auch für den Zeichner Marcus Gottfried bedeutet eine Einzelausstellung seiner Karikaturen eine Besonderheit und neue Erfahrung. „Im Rahmen des deutschen Karikaturenpreises, der jedes Jahr ausgelobt wird und an dem ich schon oft beteiligt war, habe ich mit anderen Karikaturisten zusammen ausgestellt, aber eine Auswahl nur meiner Arbeiten für diese Ausstellung zu treffen, war eine Herausforderung,“ erklärt Gottfried.

Dies liegt einerseits an der schieren Fülle an Ergebnissen, die er im Laufe seiner 30-jährigen Arbeit als freier Cartoonist und Karikaturist angesammelt hat. Er bringt es auf ca. 500 Zeichnungen pro Jahr. Bei seiner Auswahl leiteten ihn Überlegungen zu Aktualität, Verständlichkeit im zeitlichen Kontext und überzeitlicher Wirksamkeit. Er hat sich für 45 Arbeiten aus den letzten fünf Jahren entschieden, wobei er weniger politisch tagesaktuelle, gesellschaftskritische Karikaturen ausgewählt hat, deren Halbwertzeit definitiv kürzer ist als bei Cartoons, die sich auf allgemein menschliche Szenerien beziehen, bewusst mit Klischees spielen und diese überzeichnend bedienen. Sie basieren auf Humor und Bildwitz, sind entlarvend und zaubern dem Betrachter ein Lächeln ins Gesicht.

Alle Cartoons und Karikaturen, auch Comic strips, entstehen am Computer. Gottfried zeichnet seine Figuren, Hintergründe, Raum und Objekte digital auf einem Grafiktablett. Dies geschieht in vier bis fünf Ebenen, so dass er flexibel Räume, Gegenstände oder Figuren austauschen oder in der Größe variieren kann. Gleiches gilt für den Inhalt der Sprechblasen, die problemlos von einer Sprache in eine andere transferiert werden kann, was den Verbreitungsgrad seiner Arbeiten erhöht.

Über die Jahre hat er sich einen Wiedererkennungswert erarbeitet, was in der Medienbranche von großer Bedeutung ist. Seine Figuren beschreibt Gottfried als „cosy“, weich in der Kontur, mit wenigen Formlinien, die in die Fläche eingreifen und Plastizität andeuten. Die Situation ist für ihn bildbestimmend, das Verhältnis der Figuren zueinander. Die Gestaltung dagegen ist reduziert auf das Wesentliche, Linien, Flächen ohne Modellierung mit klarer Farbzuordnung. Immer prominent eingefügt ist der Text, meist als Aussage der dargestellten Figuren. „Der Text kommt zum Schluss und macht am meisten Arbeit,“ gesteht der Solinger. „ Er muss wie die Zeichnung kurz, prägnant und auf dem Punkt sein.“

Der Betrachter soll den Bildwitz selbst erkennen. Gottfried will nicht oberlehrerhaft die Welt erklären. Karikaturen und Cartoons funktionieren, indem sie dem Betrachter den (Eulen)-Spiegel vorhalten. Wir erschrecken uns über uns selbst und können uns im gleichen Moment köstlich amüsieren.

Neben seiner vielschichtigen Arbeit als Karikaturist für lokale und überregionale Zeitungen, seinen Publikationen von Cartoons und Comicstrips für verschiedene Verlage sowie diverse Auftragsarbeiten, hat Marcus Gottfried auch Spaß an der didaktischen Heranführung an das Medium. Er hält Vorträge in Museen und arbeitet mit Schülergruppen. Während der Ausstellung in der Galerie der Solinger Künstler ist der Zeichner jeden Sonntag vor Ort, um die Reaktionen der Besucher zu beobachten und ihnen die Wirkweise seiner satirischen Arbeiten nahe zu bringen. Ein besonderes Angebot in der Ausstellung hält Marcus Gottfried für Sehbehindertes bereit, denen er durch digitale Beschreibung der Bildinhalte Zugang ermöglichen will.

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