Solingen Mal walzerselig, mal sentimental, aber immer schmissig

Solingen · Mit der Premieren-Vorstellung der Operette "Die lustige Witwe" wurde die Saison 2015/16 im Theater und Konzerthaus eröffnet.

Der Staat steht vor dem Bankrott, die Kommune ist pleite. Da muss man schon einfallsreich sein, um sich den nötigen Zaster zu beschaffen, der die Zahlungsunfähigkeit abwendet. Nein, die Rede ist ausnahmsweise nicht von Griechenland oder Solingen. Wer da so in Finanznot steckt, ist Pontevedro, ein Operetten-, also fiktiver Staat.

Nun sitzt der pontevedrinische Gesandte, Baron Zeta, in Paris herum und soll Geld fürs Vaterland besorgen. Er setzt seinen Sekretär, Graf Danilo, auf die millionenschwere Bankiers-Witwe Hanna an. Deren Vermögen könnte den Bananenstaat retten. Nur leider verliebt sich der Heiratsschwindler wider Willen in die Millionärin - und umgekehrt. Ein munteres Intrigenspiel nimmt seinen Lauf, begleitet von einer hinreißend charmanten Musik, bevor es zum Happy-End kommt.

Rund 1000 Zuschauer sahen die beiden Premierenvorstellungen von Franz Lehars Operette "Die lustige Witwe" im Theater. Auf die Bühne gebracht hat das Werk die Kammeroper Köln. Besonderheit: Es war die echte Premiere. Denn in Köln geht es erst am 5. September los. Heute ist "Die lustige Witwe" nach Johann Strauss' "Die Fledermaus" die meistgespielte Operette weltweit. Lehar gelingt hier erstmals die Erfolgsmixtur aus aktueller Politik, Erotik und Exotik. Und wie das zündend über die Bühnenrampe zu bringen ist, zeigt die Kammeroper Köln. Nicht umsonst gibt es nach fast jeder Nummer Szenenapplaus.

Unter der Regie von Birgit Eckenweber und dem Bühnenbild von Pascal Seibicke vermischen sich Reales, Fantastisches und Angedeutetes zu einem stimmigen Ganzen. Vier mannshohe Rahmen vor dem schwarzen Hintergrund dienen mal als Türen, mal als Fenster, mal als Vorhänge, mal als Raumteiler. Die geldgeilen Herren der Schöpfung, die von der reichen Hanna angezogen werden wie die Motten vom Licht, sehen in ihren grauen Anzügen aus wie die Abgesandten der Zeit-Sparkasse aus Michael Endes "Momo". Nur die Smoking-Biesen an den Hosen geben dem Anschein noch etwas Herrschaftliches. Aber sie können sich auch wandeln: etwa picknickmäßig barfuß und mit der strohernen Kreissäge auf dem Kopf im Vilja-Lied vom Waldmägdelein.

Nicht nur in dieser Nummer gibt Esther Hilsberg die stimmlich glänzende und wendige Hanna. Hilberg gibt der flotten Witwe nicht nur sängerisch Pfiff, sondern auch darstellerisch: eine emanzipierte Frau, die weiß, was sie von der Welt und den Zeit-Sparkassen-Futzis zu halten hat. Ihr stimmlich strahlendes Gegenüber ist Dominic Kron als Graf Danilo. Augenzwinkernd und witzig taumelt Kron zwischen Pflicht ("Es ist süß, fürs Vaterland zu erben"), Liebe und Leben ("Da geh' ich zum Maxim"). Mit Andreas Post (Baron Zeta), Sarah Cossaboon (Vanencienne) und Benedict Sindermann (Camille) komplettiert sich gelungen die Riege der Hauptakteure, beziehungsweise Hauptintriganten.

Mal wendig walzerselig, mal sentimental süß, aber immer schmissig kommt die Musik aus dem Orchestergraben: Inga Hilsberg leitet mit Schwung die Bergischen Symphoniker. "Lehar hat auch manchmal witzige Einfälle. Leider versagte der Text vollständig. Die anmutige Musik dürfte sich bei diesem Libretto nicht halten können", urteilte das "Dresdner Journal" am 2. Januar 1906. Dass das eine Fehleinschätzung war, zeigt das Gastspiel der Kammeroper Köln.

Weitere Aufführung: Mittwoch, 16. September, 19.30 Uhr, Pina-Bausch-Saal des Theater und Konzerthauses. Infos und Karten unter www.theater-solingen.de

(crm)
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