Horst Gabriel "Lohnforderung ist eindeutig zu hoch"

Solingen · Die Industriegewerkschaft Metall fordert einen Lohnzuwachs zwischen fünf und sechs Prozent für Nordrhein-Westfalen.

Die IG Metall ist aus der Deckung gekommen und fordert für die Beschäftigten der Metall- und Elektrobranche 5,5 Prozent mehr Lohn. Für NRW wird eine Forderung zwischen fünf und sechs Prozent erwartet. Halten Sie als Vorsitzender des Solinger Arbeitgeberverbandes mehr als fünf Prozent Lohnzuwachs für angemessen?

Gabriel Die Forderungsempfehlung der IG Metall ist eindeutig zu hoch. Wir haben kein Wachstum in der Produktion, die Kapazitäten sind zunehmend weniger ausgelastet und die Aufträge gehen zurück. Hinzu kommt: Manchen Betrieben geht es ganz gut, anderen indes bescheiden. Zwei meiner Wettbewerber sind bereits in der Insolvenz. Unter dem Strich erwarte ich für 2013 eher Stillstand statt Wachstum. Anders ausgedrückt: Stagnation einerseits und fünf bis sechs Prozent mehr Geld, das passt einfach nicht zusammen.

Sie verhandeln auf Arbeitgeberseite mit. Wann beginnen die Tarifverhandlungen?

Gabriel Am 22. März wird die erste Tarifverhandlung in Bielefeld stattfinden.

Im vergangenen Jahr mussten die Unternehmen eine Lohnerhöhung von 4,3 Prozent verkraften. War die im Nachhinein zu hoch?

Gabriel Unsere Unternehmen haben in den vergangenen Jahren einen außergewöhnlichen Kraftakt hingelegt. In der Krise haben sie eine sehr beschäftigungsfreundliche Personalpolitik gefahren. In den letzten drei Jahren haben wir in NRW rund 50 000 neue Arbeitsplätze in der Metall- und Elektroindustrie geschaffen, das entspricht einem Anstieg der Bruttoentgeltsumme von 2,4 Milliarden Euro. Zusammen mit den 4,3 Prozent im Jahr 2012, dem höchsten Abschluss seit 20 Jahren, haben wir die Binnenkaufkraft massiv erhöht. Wir Unternehmer haben unseren Beschäftigten gezeigt, dass sie sich auf uns verlassen können — in schlechten wie in guten Zeiten. Unsere Betriebe brauchen jetzt mal eine Verschnaufpause bei den Löhnen. In meinem Unternehmen können wir in diesem Jahr keine Erhöhung der Entgeltsumme vertragen.

Wie gestaltet sich momentan die konjunkturelle Lage der Metall- und Elektrounternehmen?

Gabriel Die europäische Wirtschaftskrise ist noch nicht vorbei. Italien hat auch nach der Wahl massive Probleme, in Frankreich wird die Lage auch schwieriger. Das macht uns große Sorgen. Der europäische Markt ist für unsere Unternehmen immer noch der wichtigste — ungeachtet der ordentlichen Zuwächse in Fernost und anderswo auf der Welt. Unternehmen, die insbesondere in Europa unterwegs sind, haben deshalb Probleme. Deshalb darf die Tarifpolitik unsere Unternehmen nicht überfordern. Übrigens: In der Einschätzung der wirtschaftlichen Situation sind Arbeitgeber und IG Metall kaum auseinander.

Erwarten Sie eine harte Tarifauseinandersetzung?

Gabriel Ja, hart wird es sicher, aber ich schätze für NRW Knut Giesler in Nachfolge von Oliver Burkhard als pragmatischen und fairen Verhandlungsführer ein. Zunächst ist aber noch nicht klar, welches Bundesland den Pilotabschluss machen wird, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg waren es ja in den vergangenen beiden Runden. Übrigens: Unser neuer Gesamtmetall-Präsident Dr. Rainer Dulger hält einen Abschluss der Verhandlungen bis Mitte Mai für möglich. Dem schließe ich mich an.

UWE VETTER FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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