Berufung nach Vollrauch Gericht sieht etwas mehr Licht als Schatten

Solingen/Wuppertal · Ein 25-jähriger Solinger ist in einer Berufungsverhandlung mit einem blauen Auge davon gekommen. 2019 hatte er seine Verlobte geschlagen und selbst die Polizei gerufen. Der Gutachter ist von einer Tat im Vollrausch ausgegangen.

Beim Eintreffen der Beamten hatte er beinahe besinnungslos betrunken auf dem Küchenboden geschlafen, wurde aber aggressiv, als sie ihn weckten. Wegen Widerstand gegen die Polizei war er vom Amtsgericht zu einem halben Jahr Gefängnis auf Bewährung verurteilt worden, auch wegen eines zweiten Ausrasters auf der Wache, als er sich gegen die Entnahme einer Blutprobe gewehrt hatte. Die hatte 2,7 Promille Blutalkohol nachgewiesen. Dieses Urteil hatte nach Ansicht der Staatsanwaltschaft ein „Bewährungsversagen“ nicht berücksichtigt – nach einer Verurteilung wegen Brandstiftung hatten die neuerlichen Taten in der Bewährungsfrist stattgefunden. Deshalb war sie in die Berufung gegangen und drohte mit Haft.

Der „Vollrausch“ legte dem Gutachter nahe, von Schuldunfähigkeit auszugehen, in derartigen Promillebereichen fehle die Steuerungsfähigkeit. Der Vollrausch-Paragraph wurde herangezogen, der diesen möglichen Ausweg abschneidet. Wegen einer Tat in fahrlässigem oder bewusstem Vollrausch kann man ebenfalls verurteilt werden, aber nur im Strafrahmen wie für die Tat selbst. Nicht unerwartet wurde der Solinger nun vom Landgericht Wuppertal zu den gleichen sechs Monaten auf Bewährung verurteilt – großes Glück für ihn, dass das Bewährungsversagen damit geräuschlos aufgefangen wurde. Die Sozialprognose sah etwas mehr Licht als Schatten, weitere 200 Arbeitsstunden sind in der Bewährung von drei Jahren schnellstmöglich abzuleisten, ebenso eine Entziehungskur. Eine gewisse Einsicht des Angeklagten war für das Gericht spürbar. Dass er gerade Vater wird, lässt ihn wohl gezielter in die Zukunft schauen – nun muss eine Arbeits- oder Ausbildungsstelle her.

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