Kulturnacht 2022 Solinger Kultur kehrt mit großem Aufgebot zurück

Solingen · Die zehnte Kulturnacht war ein Erfolg – allein schon, weil sie tatsächlich stattfinden konnte. Rund 1500 Besucher kamen zusammen, um ihr Bedürfnis nach gemeinsam erlebter Kultur in Solingen zu stillen.

Solingen​: Fotos der Kulturnacht 2024
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Das war die Kulturnacht 2024 in Solingen

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Foto: Rouven Böttner

Diese Kulturnacht sahen wohl viele Beteiligte als eine Art Befreiungsschlag an, mit dem das kulturelle und künstlerische Leben in Solingen nach Corona wieder anlaufen sollte. „Es wird überschaubarer sein – aber ich finde es toll, dass wir es jetzt machen“, sagte Stadtdirektorin und Kulturdezernentin Dagmar Becker vor der Eröffnung im Theater und Konzerthaus am Samstagsabend.

Immerhin stand die zehnte Kulturnacht im Zeichen von Corona und dem Ukraine-Krieg, wie Oberbürgermeister und Schirmherr Tim Kurzbach in seiner Eröffnungsrede betonte. „Ich bin der Meinung, man kann heute trotzdem feiern“, fügte er an. Wenn auch nicht so unbeschwert wie sonst. „Kunst, Kultur und Freiheit sind wichtige Werte, ohne die ich mir ein Leben nicht vorstellen kann“, sagte Kurzbach. Deswegen sei es wichtig, diese Werte zu schützen – zum Beispiel im Rahmen eines solchen Events.

Im Laufe des Abends konnte man sowohl den Künstlern als auch den Besuchern deutlich anmerken, dass sie große Lust hatten, die Kultur zu feiern und wieder gemeinsam zu erleben. Und das auf ganz unterschiedliche Weise. Während im Theater und Konzerthaus das Streichquartett der Bergischen Symphoniker mal ruhige, mal beschwingte klassische Klänge anstimmte, dröhnte ein paar Meter weiter auf der anderen Straßenseite der Bass. Dort brachte die Wuppertaler Band „Darkness Surrounding“ das Publikum mit ihrer Metal-Musik zum Tanzen. Auffällig war dabei die Zusammenstellung des Publikums: Der Unterschied zwischen denen, die häufig auf Metal-Konzerte gehen, und denjenigen, denen diese Musikrichtung bislang wohl eher fremd war, war in den meisten Fällen deutlich zu erkennen.

Dieser Kontrast und das Erkunden von Neuem sei schließlich auch etwas, das die Kulturnacht ausmacht, wie Organisator Timm Kronenberg im Vorfeld betonte. Es gehe darum, die Breite der Solinger Kultur zu zeigen. So kamen dann die Besucher auch an Orte, die sie vorher noch nicht besucht hatten. „Hier war ich noch nie“, sagte beispielsweise eine Besucherin beim Betreten des LVR-Industriemuseums. Im Rahmen des Projekts „Futur 21“ konnte hier das Werk „Novum“ der Künstlerin Nadine Kolodziey betrachtet werden, das aus einer roten Plexiglas-Installation, gepaart mit einem Augmented-Reality-Parcours besteht. „Ist witzig“, kommentiert ein Besucher das AR-Angebot, das einer Schnitzeljagd gleicht.

In der Gesenkschmiede Hendrichs wiederum wurde die optische Industriekultur untermalt durch Texte der Poetry Slamer von WortLautRuhr aus dem Ruhrgebiet. Fünf Wortkünstler präsentierten ihre – zum Teil im Rahmen von „Futur 21“ für diesen Abend geschriebenen – Texte einem breiten, mitfieberndem Publikum. Die jungen Männer und Frauen behandelten die Themen Industrie und Energie, Zukunft und Heimat. Damit brachten sie das Publikum zum Lachen und Nachdenken. Morgaine Prinz ergänzte das mit einem Text über die Bedeutung von Kunst, der sich gut in diesen Abend als Comeback der Kultur in Solingen einreihte.

Von Ort zu Ort führten auch in diesem Jahr Programmbusse. „Seitdem es die Bustouren zur Kulturnacht gibt, waren wir jedes Mal dabei und haben uns immer freiwillig zum Dienst gemeldet“, erzählen Diana und Detlef Engstenberg – er Fahrer bei den Solinger Stadtwerken, sie Fahrerin bei dem Leichlinger Unternehmen Okuna. Zur Kulturnacht 2022 navigiert das Busfahrerpaar die mitreisenden Zuhörer der Linie 4 gemeinsam durch die Klingenstadt zu den zahlreichen Veranstaltungsorten der Stadt. „Vor der Pandemie waren die Busse meist rappelvoll. Trotzdem ist es einfach schön, dass das endlich wieder geht“, beschreiben die Engstenbergs ihre Motivation und die gute Stimmung im Bus.

Diese konnte bei den gut 50 musikbegeisterten Mitreisenden auch die Nachricht nicht trüben, dass corona-bedingt kurzfristig einige Ausfälle das Programm des „Valve Records Bus“ ordentlich durcheinandergewirbelt hatten. Somit nutzte der aus dem Irak stammende Sänger Redur Saher im Duo mit Labelchef Reinhard Finke die Gelegenheit, sowohl eigene Lieder als auch traditionelle kurdische und orientalische Melodien zum Besten zu geben. Beim Publikum kam das gut an.

Voller als in den Bussen ging es in der Musikschule zu. Die Gäste kamen so zahlreich, dass die Musikschulleiterin zwischenzeitlich höflich jene, die keinen Sitzplatz im Saal ergattern konnten, vorübergehend in den Vorraum bitten musste. „Ich bin über die große Resonanz äußerst positiv überrascht und freue mich sehr, dass wieder so viele Leute kommen“, sagte Birgit Walter. Sie freue sich, „dass wir mit dem Programm des heutigen Abends auch mal zeigen können, was wir neben dem Unterrichten musikalisch noch so drauf haben.“

Unter der Überschrift „Traumverrückt“ machten die Dozentenensembles den Auftakt des abwechslungsreichen und unterhaltsamen Programms. Von klangreichen Eulenspielereien des Saxofonquartetts durch die Musikgeschichte über bezaubernde Flötentöne bis hin zum Tubaquartett auf musikalischer Expedition ins All. Gefolgt von der preisgekrönten Cellistin Katrin Geelvink, die mit ihrem so anspruchs- wie humorvollem Kleinkunstprogramm für beste Laune und viele Lacher sorgte. Die abschließenden Auftritte der immerhin zwei Big Bands der Musikschule Solingen rundeten unter dem Titel „American Dream“ den kurzweiligen Abend ab, der dem Publikum um 23 Uhr offenbar zu früh zu Ende ging.

Einen ruhigeren Gegenpol zu dem teils lauten, teils anspruchsvollen Programm bot am Samstagabend die Cobra an. Sie lockte mit einer stündlichen Lasershow viele Besucher nach Merscheid. In Kooperation mit dem auf Lasereffekte spezialisierten Unternehmen Show.Event wurde ein beeindruckendes Lichtspiel mit dramatischer musikalischer Untermalung gezeigt, das bei den zahlreichen Besuchern sehr gut ankam.

Zufrieden zeigten sich auch das Haus der Jugend sowie die Bergischer VHS und Stadtbibliothek, die jeweils zum ersten Mal an der Kulturnacht teilnahmen. In der Stadtbibliothek sorgte eine Lesung der bekannten Autorin und Literaturkritikerin Elke Heidenreich für großen Andrang. Zu später Stunde konnte auch die Journalistin und Autorin Mona Ameziane mit der authentischen und nahbaren Vorstellung ihres Buchs „Auf Basidis Dach“ überzeugen.

 Der „Kotten Klub“ mit Sängerin Sanna Städtler, eine der zwei Big Bands der Musikschule Solingen, überzeugte die Besucher bei der Kulturnacht.

Der „Kotten Klub“ mit Sängerin Sanna Städtler, eine der zwei Big Bands der Musikschule Solingen, überzeugte die Besucher bei der Kulturnacht.

Foto: Ansgar Sperk
Redur Saher (l.) und Reinhard Finke erfüllten den Valve Record-Bus mit orientalischen Klängen.

Redur Saher (l.) und Reinhard Finke erfüllten den Valve Record-Bus mit orientalischen Klängen.

Foto: Ansgar Sperk
 Poetry Slam im LVR-Industriemuseum: Abdul Chahin von WortLautRuhr. Die Solinger Kulturnacht 2022 an verschiedenen Spiel- und Veranstaltungsorten.

Poetry Slam im LVR-Industriemuseum: Abdul Chahin von WortLautRuhr. Die Solinger Kulturnacht 2022 an verschiedenen Spiel- und Veranstaltungsorten.

Foto: Carolin Streckmann
 Im Haus der Jugend konnten Besucher sich im Schwarzlicht-Malen ausprobieren. Die Solinger Kulturnacht 2022 an verschiedenen Spiel- und Veranstaltungsorten.

Im Haus der Jugend konnten Besucher sich im Schwarzlicht-Malen ausprobieren. Die Solinger Kulturnacht 2022 an verschiedenen Spiel- und Veranstaltungsorten.

Foto: Carolin Streckmann
 Elke Heidenreich gab in der Stadtbibliothek eine Lesung vor vollbesetztem Saal.

Elke Heidenreich gab in der Stadtbibliothek eine Lesung vor vollbesetztem Saal.

Foto: Bergische VHS
Das Streichquartett der Bergischen Symphoniker spielte nach der offiziellen Eröffnung im Theater und Konzerthaus.

Das Streichquartett der Bergischen Symphoniker spielte nach der offiziellen Eröffnung im Theater und Konzerthaus.

Foto: Carolin Streckmann
 Die Cobra lockte zu jeder vollen Stunde mit einer gewaltigen Lasershow zu Filmmusik.

Die Cobra lockte zu jeder vollen Stunde mit einer gewaltigen Lasershow zu Filmmusik.

Foto: Carolin Streckmann

Im Haus der Jugend wiederum lockten in Kooperation mit der städtischen Jugendförderung und dem Jugendstadtrat Schwarzlichtmalen und Siebdruck nicht nur Jugendliche an. Parallel dazu spielten einige Bands wie „James Mum“ und „Parakeets“. Den Abschluss der Live-Musik machte dort die Bochumer Indie-Band „Wyme“. Die Stimmung im Bühnenraum war ausgelassen, das überwiegend junge Publikum tanzte und strahlte Dankbarkeit aus, wieder Live-Musik erleben zu können. Und der Band ging es offenbar ähnlich. „Es ist schön, wieder Konzerte spielen zu dürfen“, sagte Frontsänger Mark Pressler. „Wir sind sehr froh, dass die Kulturszene wieder möglich ist.“ Damit sprach er an diesem Abend wohl vielen Besuchern aus dem Herzen.

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