Schwerpunkt Kultur Nacht "Kultur unter Strom" elektrisiert Besucher

Solingen · "Kultur unter Strom" hieß das Motto der 6. Kultur Nacht Solingen - und das Klingenmuseum setzte es unter Federführung seines stellvertretenden Leiters Dr. Sixt Wetzler besonders originell um. Rund 4000 Gäste in neun beteiligten Kultureinrichtungen bedeuteten eine neue Bestmarke.

Aus dem Barocksaal drangen Gelächter, Jubel und manchmal auch Flüche ins belebte Foyer. Doch was die Emotionen der jugendlichen Besucher des Deutschen Klingenmuseums derart hochkochen ließ, waren weniger die zweifellos eindrucksvollen historischen Waffen in den Vitrinen als vielmehr die ungewöhnlichen Exponate auf den Tischen daneben: Spielkonsolen, deren Geschichte bis in die 70er Jahre zurückreichte, mit zum Teil klobigen Formen und simpler Grafik, sorgten für ein ausgelassenes Spielvergnügen.

Neben den Mitbringseln der "Konsolenkinder", einem lockeren Zusammenschluss von Fans der Spielcomputer, warteten auf die Gäste Popcorn zum Selbermachen aus der Mikrowelle und ein Musikerlebnis der besonderen Art: Im abgedunkelten Stiftersaal entlockte der Künstler "Tronimal" seinem Gameboy hämmernde Beats, charmante Soundeffekte und ohrwurmhafte Melodien. Das "Lumalama"-Kollektiv zauberte dazu die passenden stimmungsvollen Animationen an die Wand. "Eigentlich war ich mit Freunden zum Poetry-Slam in der Stadtbibliothek verabredet", erzählte Besucher Daniel Hein. Doch sein Interesse an 8-Bit-Musik und Computerspielen führte ihn und seine Freundin Alice Marx erst einmal nach Gräfrath. "Wir ziehen aber später weiter", berichteten die beiden.

110 Stunden Programm an neun Schauplätzen im ganzen Stadtgebiet bot die Kultur Nacht. Herzstück war erneut das Theater und Konzerthaus, in dem Oberbürgermeister und Schirmherr Tim Kurzbach am späten Samstagnachmittag den Reigen eröffnete. Und auch dort drehte sich alles um "Strom": Choreograph Hüsnü Turan tanzte als LED-beleuchteter Roboter auf dem Dach und im Foyer, die Dozenten des Tanzzentrums "Art of" zeigten eine Choreographie eingehüllt in leuchtende Bänder und das Kölner Elektro-Pop-Duo "Waking Up in the Stereo" lieferte entspannte Klänge, ehe die Bergischen Symphoniker mit ihrem klassischen Konzert für den musikalischen Höhepunkt des Abends sorgten.

Klammer der verschiedenen Veranstaltungsorte und besonderes Charakteristikum waren wieder einmal die Programmbusse. Diesmal zehn an der Zahl, in denen sich rund 200 Musiker gegenseitig ablösten. "Wir haben uns gerade das Bläsertrio der Bergischen Symphoniker im Kunstmuseum angehört und fahren jetzt mehr oder weniger ungezielt weiter", erzählte der Remscheider Jochen von der Mühlen, während er an der Bushaltestelle Gräfrath auf den "Rock'n'Blues-Bus" wartete - gemeinsam mit dutzenden weiteren Fahrgästen. "Hoffentlich kommen wir da überhaupt rein", entfuhr es von der Mühlen, als der Bus, in dem gerade die Band "Cold Shot Reloaded" für ausgelassene Stimmung sorgte, in die Wendeschleife einfuhr.

Die Sorge war nicht ganz unbegründet: Denn die Kehrseite des Besucherrekords mit rund 4000 Gästen aus Solingen und der Umgebung war die teilweise deutliche Überfüllung der öffentlichen Verkehrsmittel. Mancherorts mussten sogar Fahrgäste wieder aussteigen. Für gelegentlichen Unmut sorgten auch die Wartezeiten auf die begehrten Musikbusse der Linien 681 zwischen Graf-Wilhelm-Platz und Hauptbahnhof, 683 zwischen Gräfrath und Bülowplatz und dem Pendelbus nach Burg. Im Programmheft waren keine genauen Ankunftszeiten an den einzelnen Haltestellen aufgeführt - und das aus gutem Grund: "Der Fahrplan ist ab der zweiten Fahrrunde praktisch Makulatur", gab Projekteiter Timm Kronenberg zu.

Die meisten Besucher reagierten jedoch gelassen. "Wir hatten wirklich ein sehr gutes Feedback", freut sich Kronenberg - und denkt schon an die nächste Auflage der Kultur Nacht: "Da könnten wir vielleicht im Hinblick auf die vielen Kinder und Jugendlichen, die dabei waren, besondere Akzente in den früheren Stunden des Abends setzen."

(ied)
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