Corona-Infektionen in Solingen Kontaktverfolgung nur noch eingeschränkt

Solingen · Angesichts der weiter hohen Infektionszahlen kommt es in puncto Kontakverfolgung verstärkt auf die Bürger an. Die Stadt konzentriert sich auf einzelne Bereiche. Bundeswehr ist nach wie vor eine große Hilfe in der Pandemie.

  Dr. Annette Heibges setzt als Leiterin des Gesundheitsamtes in Solingen darauf, dass sich die Menschen verantwortungsvoll verhalten. Ihre Mitarbeiter bekommen bei Telefonaten bisweilen den Frust der Bürger ab.

 Dr. Annette Heibges setzt als Leiterin des Gesundheitsamtes in Solingen darauf, dass sich die Menschen verantwortungsvoll verhalten. Ihre Mitarbeiter bekommen bei Telefonaten bisweilen den Frust der Bürger ab.

Foto: Peter Meuter

Die Sorge, krank zu werden oder in Quarantäne zu müssen, die Unsicherheit, wie man mit Corona-Fällen in der Kita umgehen soll und das Dickicht wechselnder Regelungen – all das ist zweifellos zermürbend. Den Frust darüber lassen nicht wenige mintunter am Telefon im Gespräch mit Behörden raus. Das gehört für Dr. Annette Heibges, Leiterin des Stadtdienst Gesundheit, und ihre Mitarbeiter zum Alltag. „Ich kann es ein bisschen verstehen, weil die Situation einfach sehr belastend ist und wir der erste Ansprechpartner sind“, sagt sie – und schiebt hinterher: „Auch wenn wir die Regeln natürlich nicht gemacht haben.“ Hier einige wichtige Fragen und Antworten.

Was sagen die Zahlen? 24.541 bestätigte Fälle gab es seit Ausbruch der Pandemie in Solingen. Aktuell sind in der Klingenstadt 5500 Menschen infiziert. „Diese Zahl ist nicht mehr so belastbar, da wir die Positiven nicht mehr anrufen und deshalb nicht personenscharf sagen können, wer noch krank und wer schon wieder gesund ist“, betont Heibges. Stationär behandelt werden nach Angaben der Stadt 32 Patienten. Am oder mit dem Coronavirus verstorben sind bislang 250 Solinger. In den letzten sieben Tagen wurden 2719 Neuinfektionen gemeldet – eine Inzidenz von 1708 auf 100.000 Einwohner (Stand 4. Februar 2022.).

Welche Aussagekraft hat die Inzidenz überhaupt noch? Ein Meldeteam beim Gesundheitsamt übermittelt die Informationen über bekannt gewordenen Infektions-Fälle ans Robert-Koch-Institut. Ein System-Update habe den Vorgang in der vergangenen Woche aber ausgebremst, erklärt Heibges. Dadurch schienen die Fall-Zahlen zu sinken. Bestand das Meldeteam zu Beginn der Pandemie aus lediglich vier Personen, hat man es mittlerweile durch intern umbesetzte Kräfte auf 16 Mitarbeiter erhöht.

Wie funktioniert aktuell die Kontaktverfolgung? Flächendeckend findet sie gar nicht mehr statt. Positiv Getestete werden folglich nicht mehr planmäßig angerufen. „So viel Personal können wir gar nicht aufstocken, dass sich das aufrechterhalten ließe“, stellt Heibges klar. So konzentriert sich das Gesundheitsamt bei der Kontaktverfolgung bewusst auf den medizinischen Bereich, deren Mitarbeiter viel beruflichen Umgang mit verwundbaren Personengruppen pflegen, und anderen kritischen Infrastrukturen.

Wer muss wann in Quarantäne – und für wie lange? Fällt das Ergebnis eines Selbsttessts positiv aus, müssen die Betroffenen so schnell wie möglich an einer offiziellen Teststelle einen Kontrolltest (PCR oder mindestens Antigen-Schnelltest) hinterherschieben. Bei einem erneut positiven Resultat müssen sich die Patienten nach aktueller Regelung für zehn Tage in Quarantäne begeben – und auch darüberhinaus so lange, wie Symptome anhalten. Wer 48 Stunden lang keine Krankheitszeichen mehr spürt, kann sich nach sieben Tagen mit einem einfachen Bürgertest selbstständig von der Quarantäne befreien.

Wie verhält es sich bei Kontaktpersonen? Für ungeimpfte erwachsene Kontaktpersonen gelten die gleichen Regeln. Von der Quarantäne befreit sind Geboosterte ab dem Tag der dritten Impfung sowie all jene, die seit mindestens 14 Tagen, aber nicht länger als drei Monate doppelt geimpft sind. Auch Genesene mit weningstens einer Impfung oder PCR-geprüften Kontakt zum Virus vor mindestens 27 Tagen und nicht länger als Monaten müssen nicht in Quarantäne.

Wie haben sich die Regelungen für Kita- und Schulkinder verändert? Kita-Kinder und Schüler müssen als bloße Kontakpersonen gar nicht mehr in Quarantäne. Ist der regelmäßige „Pooltest“ in Kindergärten und Grundschulen positiv, sollen Antigen- statt wie bisher PCR-Tests klären, wer am nächsten Tag an Unterricht oder Betreuung teilnimmt. „Das ist eine Abwägungsentscheidung“, kommentiert Heibges die umstrittene Regelung. Wenn sich jedoch innerhalb kürzester Zeit zu viele Kinder infizieren, könne man im Einzelfall entscheiden, eine Klasse vorübergehend zu schließen. Auch für positiv getestete Kinder dauert die Quarantäne zehn Tage, „heraustesten“ können sie sich nach sieben.

Bei so vielen Fällen – wie steht es eigentlich um den Krankenstand beim Gesundheitsamt? Natürlich gebe es auch erkrankte Kollegen und solche, in deren Umfeld Infektionen festgestellt werden, sagt Heibges. Ein Vorteil sei aber die fast 100-prozentige Booster-Quote unter den Mitarbeitern des Gesundheitsamtes. Um den GAU eines lahmgelegten Betriebs zu vermeiden, arbeiten die Teams getrennt. Vieles läuft zudem im Homeoffice. Externe Unterstützung bekommt das Gesundheitsamt von der Bundeswehr. „Die macht einen super Job“, lobt Heibges.

Wie geht es weiter? „Auch ich habe leider keine Glaskugel“, sagt Annette Heibges. Wie sich das Coronavirus weiterentwickle und ob im kommenden Herbst eine weitere Variante drohe, sei zurzeit ungewiss. Einstweilen halte man sich an die Prognosen, wonach die Omikron-Welle nach einem „Peak“ Mitte des Monats in Richtung Frühling abflache.

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