Konjunkturentwicklung in Solingen Pessimisten gewinnen die Oberhand

Solingen · Über Jahre hinweg kannte die Konjunkturentwicklung im Bergischen Städtedreieck nur die Aufwärtsentwicklung. Jetzt trüben sich die Erwartungen ein. Dies ergab eine Umfrage der IHK unter 475 Unternehmen.

 IHK-Geschäftsführer Uwe Mensch (l.) und IHK-Hauptgeschäftsführer Michael Wenge stellten die Ergebnisse der jüngsten Konjunkturumfrage vor.

IHK-Geschäftsführer Uwe Mensch (l.) und IHK-Hauptgeschäftsführer Michael Wenge stellten die Ergebnisse der jüngsten Konjunkturumfrage vor.

Foto: Uwe Vetter

Über Jahre hinweg ging die Konjunkturentwicklung der klingenstädtischen Unternehmen aufwärts, in den nächsten Monaten gewinnen aber die Pessimisten die Oberhand gegenüber den Optimisten. „Es geht nicht mehr grenzenlos aufwärts“, erklärte gestern der Hauptgeschäftsführer der Bergischen Industrie- und Handelskammer (IHK), Michael Wenge, „aber die Verschlechterung der Konjunkturdaten ist noch maßvoll“.

Für Solingen bedeutet dies, dass die künftigen Geschäftsaussichten in der Nähe der Null-Linie liegen, bei der Optimismus und Pessimismus gleich stark ausgeprägt sind. Insbesondere Industrieunternehmen schwächeln, und auch bei den derzeit noch gut ausgelasteten Baufirmen ist das Ende der Fahnenstange mit guten Konjunkturaussichten absehbar: „Es wird schlechter“, sagt Michael Wenge.

Aktuell fühlen sich die Unternehmen im Bergischen Städtedreieck aber noch ganz gut aufgestellt. Dies ergab eine Umfrage unter 475 Unternehmen mit 22.500 Mitarbeitern – daran beteiligt waren auch 133 Firmen aus Solingen mit 4400 Beschäftigten. Die aktuelle Geschäftslage bewerten immerhin 40 Prozent mit der Note gut, weitere 46Prozent mit befriedigend. 14 Prozent halten ihre Lage für schlecht. Das ergibt unter dem Strich einen Geschäftslage-Index von plus 27. Der fällt damit aber um sechs Punkte schlechter aus als noch zu Jahresbeginn. „Im längerfristigen Vergleich ist das aber immer noch ein überdurchschnittlicher und respektabler Wert“, sagte der IHK-Hauptgeschäftsführer.

Der Geschäftslage-Index sackte in Solingen allerdings von plus 42 zu Beginn des Jahres auf nur noch 24 Punkte in diesem Frühjahr – ein Rückgang um 18 Punkte. Tendenz: weiter sinkend. Der nach wie vor ungeklärte Brexit, der Handelsstreit zwischen China und den USA – „die Unsicherheitsszenarien verschärfen sich, die Konflikte werden härter“, erklärte IHK-Geschäftsführer Uwe Mensch. Auch „gefühlte Unsicherheiten“ wirken sich aus und führen mehr und mehr dazu, dass die Unternehmen ihre Geschäftsaussichten zunehmend schlechter einschätzen, sagten Michael Wenge und Uwe Mensch. Als „besonders bedrohlich“ für die wirtschaftliche Entwicklung des eigenen Unternehmen wird die protektionistische amerikanische Handelspolitik gesehen.

Über alle Branchen hinweg wird zudem über Fachkräftemangel geklagt, die Banken jammern über niedrige Zinsen, das Verkehrsgewerbe über den Mindestlohn, der Einzelhandel über die Online-Konkurrenz und zu wenig verkaufsoffene Sonntage. Auch die zunehmende Bürokratie ist den Unternehmen ein Dorn im Auge und führt nicht unbedingt zu optimistischen Einschätzungen. „Ob wir es zurzeit mit einer konjunkturellen Delle oder einem nachhaltigen Abschwung zu tun haben, das ist aktuell nicht erkennbar“, sagte Uwe Mensch.

Gleichwohl sinken die Erwartungen der im Bergischen dominanten Industrie bereits in den Keller. Der Geschäftslage-Index liegt mit minus zehn Punkten deutlich im Negativbereich, auch wenn aktuell noch ein Wert von plus 29 ermittelt wurde.

Eine abflauende Industriekonjunktur wird früher oder später die Entwicklung der regionalen Gesamtwirtschaft beeinträchtigen, so die Einschätzung der Bergischen IHK. Zumal die Industrie als besonders bedeutsamer Wirtschaftszweig auch ein wichtiger Auftraggeber für unternehmensnahe Dienstleister ist.

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