Solinger vor Gericht Elfjähriges Opfer hat Angst vor Angeklagtem

Solingen/Wuppertal · Ein elfjähriger Junge musste nun im Prozess wegen Körperverletzung gegen seinen Stiefvater aussagen. Dank einer Trennwand hatte er weniger Angst. Der angeklagte Solinger bestreitet die Vorwürfe.

Wenn Kinder im Zeugenstand befragt werden müssen, ist das eine große seelische Belastung. Jugendschutzkammern sind darum bemüht, kindlichen Opfern die Aussage zu ersparen. Ein Geständnis des Angeklagten, das eine mildere Strafe nach sich ziehen kann, ist eine solche Möglichkeit. Der wegen Körperverletzung angeklagte 41-jährige Solinger machte davon allerdings keinen Gebrauch. Im Gegenteil, er bestritt die Vorwürfe und ließ seine Anwältinnen Zweifel sähen an der Glaubwürdigkeit des Sohnes (11) seiner damaligen Lebensgefährtin, den er im August 2021 aus dem Bett gezerrt, am Hals gepackt und an die Wand gedrückt haben soll. Eigentlich hätte längst das Urteil verkündet werden sollen, stattdessen gibt es nun weitere Beweisanträge der Verteidigung und Fortsetzungstermine bis Mitte Januar.

Auch der Elfjährige musste aussagen, dessen Vater hatte sich kurz zuvor verzweifelt an das Gericht gewandt. Sein Sohn sei aufgeregt und würde weinen, seit er wisse, dass er dem Angeklagten im Gerichtssaal werde begegnen müssen. Dort wurde deshalb eine Trennwand zwischen den Jungen und den Angeklagten geschoben. Das klappte ganz gut, der Elfjährige begann zu erzählen. Davon, dass er am Morgen der vermeintlichen Tat nach dem Frühstück vom Tisch aufgestanden und in sein Zimmer gegangen sei. Der damalige Lebensgefährte seiner Mutter sei ihm gefolgt, habe die Türe von innen zugemacht und ihm erst die Steuerung für die Playstation und das Handy weggenommen. Danach habe der 41-Jährige ihn aus dem Bett gerissen, ihm die Hand an den Hals gelegt und ihn an die Wand gedrückt. Dann habe der Angeklagte ihn in einen Sitzsack geworfen und „Dreckskind“ zu ihm gesagt, am Ende sei sein Shirt zerrissen gewesen. Das habe er seiner Mutter gegeben, die habe es weggeworfen – offenbar ohne nach Details zu fragen.

Im Zeugenstand sprach die Frau von ihrem Sohn als schwierigem ADHS-Kind, dass sie an diesem Tag von der Schule abgeholt haben will, weil es dort Klagen gegeben habe. Das aber kann so nicht stimmen, da als Tatzeitpunkt die Sommerferien angegeben wurden. Außerdem habe die Türe zum Kinderzimmer die ganze Zeit über offen gestanden, ihr Lebensgefährte könne dem Jungen also nichts getan haben.

Der Elfjährige bestreitet das: Vor Gericht sagt er nun, dass es während der Übergriffe seines Stiefvaters so laut gewesen sei, dass die Mutter es auch durch die geschlossene Türe hätte hören müssen. Er sei traurig, dass sie ihm nicht geholfen habe. Das tat später sein Vater, dem er sich zwei Wochen nach dem Gewaltausbruch des Angeklagten anvertraut hatte. Weinend hatte er ihn im Auto darum gebeten, nicht mehr zurück zu müssen zur Mutter und zu deren Lebensgefährten, vor dem er Angst habe.

Der Angeklagte ist einschlägig vorbestraft, wegen der Misshandlung von Schutzbefohlenen wurde er im Herbst 2021 zu vier Jahren Haft verurteilt.

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