Solingen Kinderstück feiert Premiere

Solingen · Das Stadtensemble zeigte am Sonntag das Stück "Des Kaisers (ganz) neue Kleider".

 Beeindruckend: Die vollgehängten Kleiderstangen auf der Bühne. Herr Kaiser beliebt nämlich, sich zu jeder Mahlzeit einen neuen Anzug schneidern zu lassen.

Beeindruckend: Die vollgehängten Kleiderstangen auf der Bühne. Herr Kaiser beliebt nämlich, sich zu jeder Mahlzeit einen neuen Anzug schneidern zu lassen.

Foto: Stadtensemble

Geld verdirbt den Charakter. Und wenn noch Eitelkeit und Dummheit hinzukommen, wird es zappenduster. So dunkel wie im Zuschauerraum des Theaters, kurz bevor sich der Vorhang hebt, um große und kleine Kinderaugen leuchten zu lassen.

Gestern hatte das schon traditionelle Vorweihnachtsstück für Kinder des Solinger Stadtensembles in der Inszenierung von Michael Tesch Premiere. Autor Uwe Dahlhaus hat dafür Hans Christian Andersens Märchen von des Kaisers neuen Kleidern in die Gegenwart geholt: "Des Kaisers (ganz) neue Kleider". Und wie es sich gehört, hat Dahlhaus nicht mit Wortwitz und skurrilen Gestalten gespart. "Wir danken dem Stadtensemble, dass es wieder einen aktuellen Stoff den Schülern nahebringt", sagte Bürgermeister Carsten Voigt in der Begrüßung.

Und aktuell ist das Thema fürwahr in einer Welt, in der die Reichen immer reicher, die Armen immer ärmer werden. Was? Er soll Kleider spenden? "Für diese hirnlosen Habenichtse?" Herr Kaiser ist empört, als zwei Spendensammler in seiner Villa, Protzhauser Straße 1, auftauchen und nach Altkleidern fragen. Aber er lässt sich erweichen. Da staunen die beiden Sammler (Karl-Heinz Stamm und Mira Gottfried) nicht schlecht, als er ihnen eine alte Socke überreicht. Ansonsten hält es der hartherzige Kleiderständer ganz mit der französischen Königin: "Wenn die Armen kein Brot haben, sollen sie doch Kuchen essen." Buchstäblich auf das komödiantische Talent von Jürgen Nippel ist die Figur des reichen Stinkstiefels zugeschnitten. Unter seinen Launen leiden nicht nur Köchin Brückner (Sylvie Wester-Stamm) und das dumme Küchenmädchen Ruby (Luisa Knopper). Auch Diener Alfred kann ein Lied davon singen.

Die Figuren zeichnende Musik von Ralf Mutz und seinen Musikern (Philip Mancarella, Peter van der Heusen und Nico Stallmann) machte die Aufführung fast zum Musical. Den befrackten Diener Alfred gibt Uwe Dahlhaus selbst. Alfred durchschaut seinen Herren ganz genau - und kann so seine Späßchen treiben. Was Herrn Kaisers wirkliche Leidenschaft ist, sieht man im ersten der Bühnenbilder, die Michael Tesch und Martin Witte farbig und mit Detailliebe zusammengestellt haben. Vollgehängte Kleiderstangen hängen im Hintergrund. Der Kaiser pflegt sich für jede Mahlzeit einen neuen Anzug schneidern zu lassen. Als sein Schneider Jean-Jaques Schnippschnapp (Alexander Riedel) nicht das Entsprechende liefert, wird er gefeuert. Die Stimmung auf der Bühne - keineswegs im Publikum - ist da auf dem Tiefpunkt. Selbst Wirt Sepp (Manfred Bremmer) und sein stoischer Stammgast (Karl-Josef Überall) ändern daran nichts. Erst als Alfred über zwei quirlige Frauen stolpert, nimmt ein seltsamer Racheplan Gestalt an. Als Paul Langenfeld (Dajana Berkenkopf) und Kevin Klein (Renate Kemperdick) treten sie als neue Meisterschneider bei Herrn Kaiser an. Mit ihrem frechen Auftreten und den harlekinhaften Anzügen weiß man gleich, dass es dem Geizhals an den Kragen gehen wird. Sie wollen ihm nämlich einen edlen Stoff andrehen, der für Dumme und Unfähige unsichtbar ist. Welche Demütigungen nun Herrn Kaiser bevorstehen und wie das Ganze gut endet, sei hier nicht verraten. Eines aber schon: Tesch und seine Schauspieler kommen nicht mit dem erhobenen Zeigefinger daher. Die Moral kommt ganz alleine aus dem witzig-charmanten Spiel heraus.

(RP)
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