Solingen Kindern ein Zuhause geben

Solingen · Die Zahl der Adoptionen sinkt, während mehr Kinder in Pflegefamilien ein neues Zuhause finden. Die Familie Hentges ist eine von vielen Solinger Pflegefamilien.

Nach jahrelangem Rückgang ist die Zahl der Adoptionen in Deutschland im Jahr 2010 erstmals wieder leicht gestiegen. 4021 Adoptionen gab es im letzten Jahr. Dies bedeutet ein Plus von 3,4 Prozent, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Zuvor war die Zahl der Adoptionen zwischen 2004 und 2009 um knapp ein Viertel gesunken. Die Zahl der Pflegekinder steigt demgegenüber seit einigen Jahren konstant.

Dies kann Claudia Auer vom Pflegekinderdienst der Stadt Solingen bestätigen: "Wir suchen laufend Menschen, die ein Pflegekind für einen befristeten Zeitraum oder permanent aufnehmen möchten."

Sie und ihr Team wünschen sich, dass Pflegeeltern und das aufgenommene Kind ideal zueinander passen. "Je mehr Solinger bereit sind, ein Pflegekind aufzunehmen, desto passgenauer können wir suchen", erklärt sie. Gerade für Kleinkinder und Kinder mit Behinderung ist die Suche nach einer geeigneten Pflegefamilie oft nicht leicht.

240 Kinder sind in Pflege

Etwa 240 Pflegekinder gibt es in Solingen. Rund 140 von ihnen leben in einer Dauerpflegefamilie, 27 in einer sogenannten Bereitschaftsbetreuung, bei der die Chancen gut stehen, dass sie wieder zu ihren leiblichen Eltern zurückkehren können. Schon lange ist die Anzahl der Adoptionen in Solingen ebenso wie in vergleichbaren Städten gering und ständig rückläufig.

"Die Gründe dafür sind vielschichtig und haben sich im Laufe der Zeit verändert", weiß Claudia Auer. Sie nennt unter anderem die verbesserte Aufklärung über Verhütung, die Enttabuisierung des Schwangerschaftsabbruchs, eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz alleinerziehender Elternteile, den Fortschritt in der Reproduktionsmedizin, eine intensivere Betreuung für werdende und minderjährige Mütter, mehr Kindergartenplätze, eine bis vor Kurzem noch gesunkene Geburtenrate, sowie Privatadoptionen aus dem Ausland. "Zudem entscheiden sich viele Eltern lieber für eine Pflegestelle für ihr Kind als für eine Freigabe zur Adoption, da diese endgültig ist", weiß Auer.

Dr. Annette Hentges und ihr Mann Wolfgang haben zwei Pflegekinder aufgenommen. "Wir konnten keine eigenen Kinder bekommen und dachten zunächst an eine Adoption", erzählen die 43-Jährige und der 49-Jährige. Durch Claudia Auer erfuhr das Ehepaar von dem Verein "Pflegel", der Hilfen zu den Themen Vollzeitpflege, Dauerpflege, Bereitschaftspflege, Sonderpflege und Adoption anbietet. "Dort haben wir festgestellt, dass die Möglichkeit, Pflegekinder aufzunehmen, für uns in Frage käme", erzählt Wolfgang Hentges.

Der 15-jährige Pflegesohn lebt bei Familie Hentges, seit er vier Tage alt ist, die fünf Jahre jüngere Pflegetochter seit ihrem zweiten Lebensjahr. "Natürlich war es sehr aufregend, als wir unsere Kinder kennenlernten und den offiziellen Weg gingen, aber es war genau die richtige Entscheidung", sagen Annette und Wolfgang Hentges.

Ihre Kinder haben keinen Besuchskontakt zu ihren leiblichen Eltern. "Wir waren jedoch immer ehrlich zu ihnen und haben mit unseren Kindern offen über ihre Herkunft gesprochen." Das Ehepaar Hentges möchte anderen Paaren Mut machen, sich für Pflegekinder zu entscheiden. "Jede Mühe lohnt sich, denn wir sind zu einer Familie zusammengewachsen."

(RP)
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