Solingen "Katholiken verlieren Nähe"

Solingen · Zwölf katholische Gemeinden sind zu drei Pfarrverbänden geworden – Ursula Winkelhoch sieht dies nach wie vor kritisch. Dadurch leide die Seelsorge vor Ort, mahnt die stellvertretende Vorsitzende des Dekanatsrates.

Neue, junge Ideen hat sich Ursula Winkelhoch für die zwölf katholischen Gemeinden stets gewünscht. Deshalb ist die stellvertretende Vorsitzende des Dekanatsrates wegen der Struktur mit den drei großen Pfarrverbänden, an deren Spitze nur noch ein leitender Pfarrer das alleinige Bestimmungsrecht hat, auch so besorgt. Dies bremse Entwicklung und Engagement vor Ort aus; und zwar sowohl bei den Ehrenamtlichen der Gemeinden als auch bei den Pfarrern, die früher eigenverantwortlicher in ihren Gemeinden hätten gestalten können. Nähe gehe verloren, kritisiert sie gegenüber unserer Zeitung eine Kirchenstruktur, die von Unternehmensberatern am Reißbrett erdacht wurde.

"Katholische Kirche ist eine wirtschaftliche Institution geworden. Dadurch leidet die Seelsorge." Doch gerade die bräuchten die Menschen. Ursula Winkelhoch ist seit zwei Jahrzehnten im Dekanatsrat aktiv, davon drei Jahre als Vorsitzende.

Sie spürt eine Unzufriedenheit, nicht nur unter den Gläubigen, sondern bei vielen Priestern, "weil sie nicht mehr all das machen dürfen und können, was sie lange Zeit gut gemacht haben". Winkelhochs Eindruck außerdem: "In manchen Kirchen ist ein Rückgang der Messdiener und auch der Ministranten zu beobachten. Es wird schwieriger, die Menschen für die ehrenamtliche Arbeit zu begeistern."

Dabei sollten aus ihrer Sicht angesichts der schwierigen Zeit des Priestermangels eigentlich fähige Laien gestärkt werden – "leider ist das Gegenteil der Fall". Ihr Standpunkt: Laien in den Gemeinden seien nicht nur dazu da, Pfarrfeste zu organisieren, Kuchen zu backen und Bierbänke zu schleppen.

"Es wäre schade, wenn die Lebendigkeit der katholischen Kirche in Solingen leiden würde, denn wir haben uns mit viel Erfolg dafür eingesetzt – und zwar Priester und Laien gemeinsam", erklärt sie. Problem sei auch ein ständiger Priesterwechsel. "Das ist nicht gut für die Gemeinden, vor allem Senioren, Messdiener, Kinder fühlen sich wenig geborgen." Sie bräuchten Bezugspersonen.

Dabei stehen jetzt die Pfarrgemeinderatswahlen vor der Tür. Anfang November wird dabei erstmals nur noch jeweils ein Pfarrgemeinderat in den drei Pfarrverbänden MiNor, West und Süd gewählt. Für Ursula Winkelhoch bekommen die neuen Ortsausschüsse in den Gemeinden deshalb eine entscheidende Bedeutung. "Das ist ein Hoffnungsschimmer", um die Nähe vor Ort zu ermöglichen. Doch auch hier stellt sich für sie das gleiche Problem: Die Ausschüsse könnten zwar gute Ideen für ihre Gemeinde entwickeln, aber wenn es an die konkrete Umsetzung gehe, hätten sie kein Bestimmungsrecht.

(RP)
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